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Artenvielfalt: Kleinste Schlange der Welt lebt noch

Sie hat die Dimensionen einer kurzen Spaghetti und ist vom Aussterben bedroht. Doch die Barbados-Fadenschlange hat überlebt, wie ein Fund zeigt.
Eine kleine, braune Schlange kriecht über eine Hand. Die Schlange hat eine glatte, glänzende Haut und bewegt sich vorsichtig über die Finger. Die Szene ist in Nahaufnahme fotografiert, wodurch die Details der Schlangenhaut und der Handoberfläche gut sichtbar sind.
Beim ersten Blick könnte man sie auch für einen braunen Regenwurm halten: Doch es handelt sich um eine Schlange.

Ausgewachsen wird sie nur zehn Zentimeter lang und ist dabei dünn wie eine Spaghetti-Nudel: Das macht die Barbados-Fadenschlange (Tetracheilostoma carlae) zur kleinsten Schlangenart der Erde. Und gleichzeitig gehört sie zu den am stärksten bedrohten Wirbeltieren weltweit. 20 Jahre nachdem sie letztmals nachgewiesen wurde, fand ein Team um Connor Blades vom Umweltministerium der Karibikinsel und Justin Springer von der Organisation Re:wild ein Exemplar der Schlange im März 2025 unter einem Stein im Zentrum von Barbados. Das gaben die Behörden und Re:wild in einer Mitteilung bekannt.

Die Art befand sich auf einer Liste mit rund 4800 Tier- und Pflanzenarten, die teilweise seit mehr als 100 Jahren nicht mehr beobachtet wurden, wobei die Fadenschlange notorisch schwer nachzuweisen ist. Seit ihrer Entdeckung 1889 gab es nur wenige Sichtungen, zwischen denen jeweils Jahrzehnte lagen. Barbados-Fadenschlangen führen ein eher heimliches Leben; ihre Färbung erschwert auf dem Waldboden zusätzlich die Entdeckung.

Auf Barbados leben inzwischen zudem eingeschleppte Brahmanen-Wurmschlangen (Indotyphlops braminus), die den Fadenschlangen stark ähneln. Erst der Blick durchs Mikroskop bestätigte dem Team die Wiederentdeckung: Die Schlange wies beispielsweise die typischen blassorange gefärbten Seitenstreifen auf und seitlich am Kopf sitzende Augen, die allerdings Relikte sind: Wie die Wurmschlangen sind die Fadenschlangen blind. Anschließend wurde das Tier wieder in dem Wald ausgesetzt, in dem die Wissenschaftler es gefangen hatten.

Die Art ist stark bedroht, da 90 Prozent der Inselwälder bereits für die Landwirtschaft gerodet wurden: Sie existiert wohl vor allem noch in einem kleinen, nicht entwickelten Bereich der Insel namens Scotland District und in einigen engen, bewaldeten Schluchten. Allerdings ist weiterhin nichts über ihre Bestandszahlen bekannt, und die Tiere legen immer nur ein Ei nach der Paarung. Dagegen können die Wurmschlangen sich auch ohne Männchen fortpflanzen. Unklar ist, ob beide um Lebensraum und Nahrung konkurrieren. Bedroht wird die Art vielleicht zudem durch die ebenfalls eingeführten Mungos, die zwei weitere endemische Reptilienarten auf Barbados ausgerottet haben.

Anm. d. Red.: Die Schlange wurde 1889 nicht erstmals beschrieben, sondern nur entdeckt. Die Erstbeschreibung erfolgte erst 2008. Wir haben den Fehler korrigiert.

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