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Artenvielfalt: Unerwarteter Insektengigant entdeckt

Die Baumkronen der Regenwälder sind so etwas wie weiße Flecken der Forschung. Deshalb kommt es dort immer wieder zu völlig unerwarteten Funden wie Australiens schwerstem Insekt.
Ein Stabheuschrecke tarnt sich auf einem Ast inmitten von grünen Blättern. Die Insektenart ist gut getarnt und ähnelt einem Zweig. Die Szene ist bei Nacht aufgenommen, was die Tarnung des Insekts verstärkt. Die Blätter sind glänzend und in verschiedenen Grüntönen gehalten.

Die Atherton Tablelands im Norden des australischen Bundesstaats Queensland sind eine außergewöhnliche Region: Dort wächst einer der ältesten Regenwälder der Erde unter für australische Verhältnisse kühlen und nassen Bedingungen. Doch diese Bedingungen könnten die Evolution eines ebenso außergewöhnlichen Insekts beeinflusst haben, das erst jetzt wissenschaftlich beschrieben wurde: Die neu entdeckte Stabheuschrecke Acrophylla alta gehört zu den größten und schwersten bislang bekannten Insekten des Kontinents, wie Ross Coupland vom QIMR Berghofer Medical Research Institute in Brisbane und Angus Emmott von der James Cook University in Townsville schreiben

Die bis zu 40 Zentimeter langen und 44 Gramm schweren Insekten leben versteckt in den Baumkronen des Regenwaldes und kommen für gewöhnlich nicht auf den Boden, weshalb sie lange den Biologen entgingen. Ihr Verbreitungsgebiet ist wahrscheinlich sehr klein und schwer zugänglich. »Wenn nicht gerade ein Wirbelsturm oder ein Vogel sie runterfallen lässt, bekommen nur sehr wenige Menschen sie zu sehen«, beschreibt Emmott die Schwierigkeiten, die Art nachzuweisen.

Die Art sei zwar nicht die längste Stabheuschrecke des Ökosystems, aber eindeutig die schwerste, schreiben die beiden Wissenschaftler. Ihre Eier weisen zudem einzigartige Eigenschaften auf, was sie von verwandten Spezies eindeutig unterscheide und bei der Erstbeschreibung geholfen hat. Bislang kennt man allerdings nur das Weibchen, die kleineren Männchen blieben unentdeckt. Ihre Größe erklärt sich wahrscheinlich mit den äußeren Bedingungen der Atherton Tablelands. In kühleren Klimaten neigen Arten dazu, größer zu werden als ihre Verwandten in wärmeren Gefilden: Ein großer Körper verliert über seine (in bezug auf sein Volumen) relativ geringe Oberfläche weniger Wärme als ein kleiner. Diese so genannte Bergmannsche Regel gilt zwar vor allem für gleichwarme Arten, wurde aber ebenso bereits auf Insekten angewendet.

Nachdem Coupland ein Foto der Stabheuschrecke zugesandt bekommen hatte, verbrachte er mit Emmott einige Nächte im Regenwald, bis sie endlich selbst ein Tier sichten und fangen konnten. Im Labor legte es dann Eier, was die Vermutung einer unbekannten Art endgültig bestätigte. Dass neue Insektenarten in Australien gefunden werden, ist nicht ungewöhnlich: Schätzungsweise 70 Prozent aller Insektenarten des Kontinents warten noch darauf, entdeckt und beschrieben zu werden.

  • Quellen
Coupland, R.M., Emmott, A.J., Zootaxa 10.11646/zootaxa.5647.4.4, 2025

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