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News: Arzneien aus Bakterien

Medikamente sind oft schwierig herzustellen und daher sehr teuer. Jetzt ist es Forschern gelungen, das häufige Laborbakterium Escherichia coli dazu zu bringen, riesige Mengen von Polyketiden zu produzieren, die als Ausgangsmaterial für viele Arzneimittel dienen. Diese Entdeckung könnte dazu beitragen, Medikamente billiger zu produzieren und neue Präparate einfacher zu entwickeln.
Wichtige Medikamente basieren auf der Stoffklasse der Polyketide. Hierzu zählen beispielsweise das Antibiotikum Erythromycin, das Mittel FK506, welches die Immunantwort unterdrückt und Lovastatin, das den Cholesterin-Spiegel senkt. Da Polyketide chemisch schwer herzustellen sind, setzen die Firmen auf die natürliche Produktion durch ungewöhnliche Bodenbakterien und Pilze. Jedoch gestaltet sich ihre Anzucht in den großen Industriebehältnissen äußerst schwierig: Viele dieser Mikroorganismen wachsen langsam und sind hinsichtlich ihrer Ansprüche wählerisch. Zudem verändern sie trickreich ihre genetischen Informationen und behindern somit Versuche, neue Polyketide-produzierende Varianten herzustellen.

Escherichia coli hingegen ist viel leichter in der Handhabung. Dennoch mussten Chaitan Khosla und seine Kollegen der Stanford University einige Hürden nehmen, um zu erreichen, dass dieses Darmbakterium Polyketide herstellt. Zunächst fügten sie drei Gene des Bodenbakteriums Saccharopolyspora erythraea in E. coli ein, die das Enzym Polyketidsynthase produzieren, welches wiederum ein besonderes Polyketid erzeugt. Da die Polyketidsynthase für ihre Tätigkeit den Cofaktor Phosphopantethein benötigt, brachten die Forscher zusätzlich ein Gen des Bodenbakteriums Bacillus subtilis ein. Dieses Gen codiert für das Enzym, welches Phosphopantethein an die Polyketidsynthase anhängt. Schließlich veränderten die Molekularbiologen zwei Stoffwechselwege genetisch, um E. coli mit den chemischen Substanzen zu versorgen, die es für die Herstellung des Polyketids braucht.

Ihre Bemühungen zahlten sich aus. Das manipulierte E.-coli-Bakterium vermag das Polyketid in solchen Mengen auszustoßen, die annähernd identisch mit denen des industriell verwendeten S.-erythraea-Stammes sind. Den Forschern gelang es ebenfalls, durch den Austausch einer Komponente der Polyketidsynthase von S. erythraea ein Hybridenzym herzustellen, welches ein völlig neues Polyketid erzeugt. "Es ist ein wirklicher Durchbruch", hebt Heinz Floss von der University of Washington in Seattle hervor.

Obwohl Khosla und seine Kollegen noch einen weiten Weg vor sich haben, um Polyketide durch E. coli industriell herzustellen, eröffnen sich durch ihre Entdeckung interessante Forschungsgebiete: "Wir fragen uns nun, ob wir E. coli in einer sehr großen Bandbreite einsetzen können," äußert Mikrobiologe Richard Hutchinson neue Hoffnungen.

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  • Quellen
ScienceNow
Science 291 (5509): 1790–1792 (2001)

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