Direkt zum Inhalt

Kleinplaneten: Asteroid (24) Themis hat eine frostige Oberfläche

Der Asteroid (24) Themis
Im Bild des klassischen Asteroidengürtels, der sich zwischen den Bahnen der Planeten Mars und Jupiter erstreckt, tummeln sich hunderttausende Brocken aus Silikatgesteinen und Metall. Traditionell gilt der Asteroidengürtel als "trockene Zone", zu nah bei der Sonne, als dass sich hier größere Mengen an Wasserdampf bei der Entstehung der Asteroiden vor 4,5 Milliarden Jahren in Form von Eis niederschlagen konnten. Erst im Bereich des weiter außen befindlichen Jupiter finden sich größere Mengen an Wassereis auf seinen Monden.

Nun stießen zwei Forschergruppen um Humberto Campins an der University of Central Florida und Andrew S. Rivkin an der Johns Hopkins University auf Hinweise darauf, dass der rund 200 Kilometer große Hauptgürtelasteroid (24) Themis von einer dünnen Reifschicht aus Wassereis bedeckt ist. Dazu untersuchten sie den Himmelskörper im Infraroten und nahmen dabei zahlreiche Spektren auf.

Asteroiden werfen auftreffendes Sonnenlicht nicht völlig gleichförmig wie ein Spiegel zurück, sondern absorbieren je nach ihrer chemischen Zusammensetzung bestimmte Wellenlängen intensiver als andere. Im Bereich dieser bevorzugten Absorptionen erscheinen die Asteroiden dann besonders dunkel. Trägt man das reflektierte Licht nach der Wellenlänge auf, so erscheinen in diesem Spektrum die bevorzugten Absorptionen als dunkle Banden oder Linien.

Um ein derartiges Spektrum sicher auszuwerten, werden die festgestellten Absorptionbanden mit auf der Erde im Labor gemessenen Spektren verglichen, bei denen die chemische Zusammensetzung des reflektierenden Körpers exakt bekannt ist. Durch den Vergleich dieser Laborspektren lässt sich dann auf die chemische Zusammensetzung des Asteroiden schließen.

Bei der Auswertung fiel den beiden Teams auf, das (24) Themis bei einer infraroten Wellenlänge von 3,1 Mikrometern eine ausgeprägte Absorptionsbande zeigte. Sie lässt sich am besten erklären, indem man annimmt, dass sich auf der Oberfläche von (24) Themis eine dünne Reifschicht aus Wassereis befindet, der geringe Anteile an organischen Stoffen beigemischt sind und welche die Gesteine an der Oberfläche überzieht. Damit wäre erstmals Wassereis direkt an der Oberfläche eines Asteroiden im Hauptgürtel nachgewiesen.

Wassereis ist im Asteroidengürtel keine vollkommen unerwartete Entdeckung. Schon seit langem sind aus Untersuchungen von auf der Erde gefundenen Meteoriten, die kleine Bruchstücke der Himmelskörper im Asteroidengürtel darstellen, wasserhaltige, so genannte hydratisierte Minerale bekannt. Diese enthalten in ihrer Kristallstruktur größere Mengen an Wassermolekülen.

Zudem entpuppte sich etwa ein halbes Dutzend Asteroiden als so genannte Hauptgürtel-Kometen, die plötzlich einen Staubschweif entwickelten. Diese Aktivität wird auf das direkte Verdampfen von Wassereis durch Sonnenstrahlung zurückgeführt. Theoretische Berechnung zeigen, dass Wassereis auch im Asteroidengürtel für Milliarden von Jahren stabil sein kann, sofern es von einer mehrere Meter dicken Schicht aus Gestein und Staub vor dem direkten Sonnenlicht geschützt ist.

Die große Überraschung ist jedoch, das praktisch die gesamte Oberfläche von (24) Themis von Reif überzogen ist. Bei einer durchschnittlichen Temperatur zwischen -120 und -70 Grad Celsius auf der Oberfläche des Himmelskörpers, sollte eine Reifschicht innerhalb weniger Jahre restlos verdampfen. Allerdings befindet sich (24) Themis seit mehreren Milliarden Jahren auf ihrer derzeitigen Bahn.

Schließt man eher unwahrscheinliche Erklärungen aus wie diejenige, dass kürzlich ein Kometeneinschlag auf dem Asteroiden das Wassereis lieferte, bleibt zur Erklärung nur übrig, dass die Reifschicht durch stetiges Nachströmen von Wasserdampf, der im Inneren von (24) Themis durch Verdampfen frei wird, ständig erneuert wird. Eine weitere Theorie verdächtigt das so genannte Impact gardening, das stetige Umpflügen der Oberfläche von (24) Themis durch ungezählte Aufschläge von Mikrometeoriten, als möglichen Mechanismus zum Freisetzen von Wassereis auf der Oberfläche.

Wassereis weist noch mehr Absorptionbanden als diejenige bei 3,1 Mikrometern auf, auch bei 1,5 und 2 Mikrometer zeigt es ausgeprägte Absorptionsbanden. Allerdings lag dieser Spektralbereich gerade außerhalb der von den beiden Forscherteams durchgeführten Messungen. Sollten sich auch bei diesen Wellenlängen ausgeprägte Banden zeigen, so wäre die Anwesenheit von Wassereis auf (24) Themis endgültig bestätigt. Der Asteroidengürtel ist also nicht so trocken wie ursprünglich vermutet.

Tilmann Althaus

Schreiben Sie uns!

Beitrag schreiben

Wir freuen uns über Ihre Beiträge zu unseren Artikeln und wünschen Ihnen viel Spaß beim Gedankenaustausch auf unseren Seiten! Bitte beachten Sie dabei unsere Kommentarrichtlinien.

Tragen Sie bitte nur Relevantes zum Thema des jeweiligen Artikels vor, und wahren Sie einen respektvollen Umgangston. Die Redaktion behält sich vor, Zuschriften nicht zu veröffentlichen und Ihre Kommentare redaktionell zu bearbeiten. Die Zuschriften können daher leider nicht immer sofort veröffentlicht werden. Bitte geben Sie einen Namen an und Ihren Zuschriften stets eine aussagekräftige Überschrift, damit bei Onlinediskussionen andere Teilnehmende sich leichter auf Ihre Beiträge beziehen können. Ausgewählte Zuschriften können ohne separate Rücksprache auch in unseren gedruckten und digitalen Magazinen veröffentlicht werden. Vielen Dank!

Partnerinhalte

Bitte erlauben Sie Javascript, um die volle Funktionalität von Spektrum.de zu erhalten.