Asteroiden: Hat der Asteroid Vesta doch keinen Eisenkern?

Bislang galt der mit einem Durchmesser von etwa 550 Kilometern sehr große Asteroid (4) Vesta als Prototyp eines differenzierten Kleinkörpers oder Protoplaneten – und sollte sich somit schalenförmig aufbauen: Auf einen Kern aus Eisen und Nickel sollte ein Mantel aus Silikaten folgen, der von einer silikatischen Kruste umgeben ist. Dieser Auffassung widerspricht nun eine Untersuchung einer Forschungsgruppe um Ryan Park vom Jet Propulsion Laboratory der NASA im kalifornischen Pasadena. Das Team wertete die Bahndaten der Sonde Dawn aus, die Vesta von Juli 2011 bis zum September des Folgejahres in wechselnden Umlaufbahnen umrundete. Demnach weist Vesta keinen ausgeprägten Schalenbau auf, sondern erscheint wenig gegliedert.
Das Ergebnis ist erstaunlich, da Vesta einer der wenigen Asteroiden ist, von denen Gesteinsproben vorliegen: Die seltenen Meteoriten der Klassen Howardit, Eukrit und Diogenit (HED). Sie werden auch als Achondrite bezeichnet, weil sie nicht die für sonstige Steinmeteoriten typischen runden Chondren (feine rundliche Körnchen) enthalten. HED-Meteoriten sind dagegen aus Gesteinsschmelzen hervorgegangen, insbesondere die Eukrite, die dem irdischen Vulkangestein Basalt ähneln (eukritos = Altgriechisch für »leicht zu erkennen«). Als Fachleute die HED-Meteoriten im Labor spektroskopisch untersuchten und ihre Ergebnisse mit den Messungen von Dawn und erdgebundener Teleskope verglichen, konnten sie bestätigen, dass die Gesteine von Vesta stammen. Da aber vor allem die Eukrite aus vulkanischen Schmelzen hervorgingen, muss Vesta in der Frühzeit des Sonnensystems vor 4,5 Milliarden Jahren sehr heiß gewesen sein.
Aber wie konnte Vesta heiß genug sein, um basaltische Schmelzen hervorzubringen (und somit auch im Inneren sehr heiß sein), sich dabei aber nicht differenzieren? Ein heißes Vesta-Inneres bedeutet, dass es weitgehend aufgeschmolzen war. So sollten gegenüber silikatischen Gesteinen deutlich dichtere Stoffe wie metallisches Eisen und Nickel unter der zwar schwachen, aber dennoch vorhandenen Schwerkraft ins Zentrum absinken und sich dort anreichern. Aus diesen Anreicherungen müsste dann ein Eisenkern hervorgehen. Nun wird sich zeigen müssen, ob sich die Feststellungen der Gruppe um Ryan Park durch weitergehende Untersuchungen bestätigen lassen.
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