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Astronomie mit dem Fernglas: Riesiger Sternhaufen im Schwan

Messier 39 ist ein schöner, aber oft übersehener Sternhaufen, der sich im Spätsommer und im Herbst gut mit einem Fernglas am Abendhimmel beobachten lässt.
Silhouette einer Person mit Fernglas vor dem Hintergrund eines dunklen Himmels.
Attraktion am Abendhimmel | Kurz nach Einbruch der Dunkelheit steht das Sternbild Schwan hoch am Himmel. Zu den vielen interessanten Objekten, die es hier mit einem Fernglas zu sehen gibt, gehört der offene Sternhaufen Messier 39.

Längst nicht jedes interessante Himmelsobjekt lässt sich in einem Teleskop optimal betrachten. Manche ausgedehnten Sternhaufen und Nebel sind für das Gesichtsfeld zu groß; sie sind jedoch kompakt und hell genug für ein Fernglas. Ein in dieser Hinsicht ideales Objekt, das derzeit hoch am Abendhimmel steht, wird oft zu Unrecht übergangen: der offene Sternhaufen Messier 39 im Sternbild Schwan (lateinisch: Cygnus). Sein Kernbereich ist fast ein drittel Grad groß; bezieht man die Außenbezirke mit ein, dann beträgt der Winkeldurchmesser rund 30 Bogenminuten, was der scheinbaren Größe des Vollmonds entspricht. Sie finden Messier 39, der auch die Katalogbezeichnung NGC 7092 trägt, nach einem rund neun Grad weiten Schwenk vom 1,3 mag hellen Stern Deneb (Alpha Cygni, α Cyg) nach Nordosten (siehe »Vom Sommer in den Herbst«).

Vom Sommer in den Herbst | Die Milchstraße geleitet den Blick vom nördlichen Teil des Sternbilds Schwan zu den Sternbildern des Herbsthimmels. Der Weg dorthin führt am offenen Sternhaufen Messier 39 vorbei. Mit einem kurzen Schwenk vom hellen Stern Deneb in nordöstliche Richtung ist dieses schöne Objekt im Fernglas schnell gefunden. Salvo Lauricella fotografierte die Region mit einem Objektiv vom Typ Nikkor Z bei 14 Millimeter Brennweite mit Blende 2,8. Die Nachführung erfolgte mit einer Montierung vom Typ iOptron SkyGuider Pro. Kombiniert wurden 200 Aufnahmen à 20 Sekunden.

Obwohl sich der Haufen in einer sternreichen Gegend der Milchstraße befindet, hebt er sich deutlich vom Hintergrund ab, so dass er nahezu ungetrübt und hell im Fernglas erstrahlen kann. Da Messier 39 mit einem geschätzten Alter von rund 280 Millionen Jahren relativ jung ist, enthält er recht leuchtkräftige Sterne, die einen weißlich-bläulichen Farbton zeigen (siehe »Ein Haufen heller Sterne«).

Ein Haufen heller Sterne | »Messier 39 ist auf Grund seiner Größe und Helligkeit unter sehr guten Bedingungen mit freiem Auge zu sehen«, berichtet Markus Blauensteiner. »Rückt man ihm mit der Kamera zu Leibe und belichtet etwas länger, so kommen einige Dunkelnebel und auch ein schwacher Emissionsnebel im Umfeld zum Vorschein.« Die Aufnahme gelang ihm an der ROSA-Remote-Sternwarte in Südfrankreich. Zum Einsatz kam ein Refraktor vom Typ Takahashi 130ED mit 13 Zentimeter Objektivdurchmesser in Verbindung mit einer Kamera Moravian G2-8300.

Trotz einer Entfernung von rund 1000 Lichtjahren erreichen immerhin sieben Haufenmitglieder scheinbare Helligkeiten von etwa 7 mag. In einem Fernglas, das möglichst ruhig gehalten oder am besten auf einem Fotostativ montiert wird, lassen sich die Sterne gut getrennt voneinander wahrnehmen. Je nach Optik und Himmel verrät sich hier sogar ein ganzes Dutzend Haufenmitglieder mit Helligkeiten von mindestens 8,5 mag – und in einer dunklen, klaren Nacht abseits künstlicher Beleuchtung ist Messier 39 dank seiner Gesamthelligkeit von 4,6 mag sogar noch mit bloßem Auge sichtbar.

Kurz erklärt

Bogenminute: Die Bogenminute ist eine Einheit, um die Größe von Winkeln im Gradmaß anzugeben. Ein Winkelgrad hat 60 Bogenminuten und die Bogenminute 60 Bogensekunden. Entsprechend ergeben 3600 Bogensekunden genau ein Grad.

Ekliptik: Die scheinbare jährliche Bahn der Sonne am Himmel. Sie ist der Schnitt der Erdbahnebene, der so genannten Ekliptikebene, mit der Himmelssphäre. Die Ekliptikebene ist gegen die Äquatorebene, den Schnitt des Erdäquators mit der Himmelssphäre, um 23,5 Grad geneigt.

Elongation: Winkelabstand zwischen der Sonne und einem Planeten oder dem Mond. Befindet sich ein Planet in östlicher Elongation, geht er abends nach der Sonne unter, bei westlicher Elongation geht er morgens vor der Sonne auf. Eine Elongation von 0 Grad heißt Konjunktion und von 180 Grad Opposition.

mag – Helligkeit: Historisch bedingt unterschied man die Helligkeiten zunächst in sechs Größenklassen. Der erste Detektor war das menschliche Auge, das sicherlich nicht voll ausgereift ist für astronomische Beobachtungen. Die hellsten Sterne definierte man mit der 1. Größe (1 mag), die lichtschwächsten, gerade noch mit dem Auge sichtbaren als Sterne 6. Größe (6 mag).

Konjunktion: Gleichschein, Stellung eines Planeten, bei der die Sonne in der Verbindungslinie Erde-Planet steht. Bei den Planeten Merkur und Venus kommt es zu einer oberen Konjunktion, wenn die Sonne zwischen der Erde und dem Planeten steht und zur unteren Konjunktion¸ wenn der Planet zwischen Erde und Sonne steht.

Kulmination: Durchgang eines Gestirns durch den Meridian. Man unterscheidet zwischen der oberen Kulmination (größte Höhe über dem Horizont) und der unteren Kulmination (größte Höhe unter dem Horizont). Nur bei den Zirkumpolarsternen befinden sich oberer und unterer Kulminationspunkt über dem Horizont.

Meridian: Mittagskreis, im horizontalen Koordinatensystem der Großkreis an der Himmelssphäre, der sowohl durch Zenit und Nadir als auch durch die beiden Himmelspole verläuft und den Horizont im Süd- und im Nordpunkt schneidet.

Opposition: Gegenschein, Winkelstellung zweier Planeten zueinander oder auch zu Sonne und Mond, bei der sich die ekliptikale Länge der beiden Gestirne um 180 Grad unterscheidet. Am häufigsten für den Fall gebraucht, dass Sonne-Erde und einer der äußeren Planeten auf einer Linie liegen.

Seeing: das durch die Luftunruhe der Atmosphäre hervorgerufene Flackern der Sterne.

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