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News: Atomschieberei

Ursprünglich diente das Rastertunnel-Mikroskop allein dazu, die Oberflächen von Materialien mit hoher Auflösung zu untersuchen. Doch nur wenige Jahre nach seiner Erfindung nutzten es Forscher bereits erfolgreich, um Atome auf einem Substrat hin- und herzuschieben, aufzunehmen und anderswo abzusetzen. Auf diese Weise konnte man gezielt chemische Reaktionen in Gang setzen und beobachten. Nun oxidierten zwei Forscher Kohlenmonoxid auf einer Silberoberfläche zu Kohlendioxid - eine vergleichsweise einfache Reaktion, die unter dem Mikroskop jedoch noch manches Geheimnis preisgab.
Erlenmeyerkolben, in denen bunte Flüssigkeiten blubbern, lodernde Bunsenbrenner sowie aufwändige Versuchsanordnungen aus Glasgefäßen und Schläuchen – so stellt man sich gemeinhin ein Chemielabor vor. Doch es geht auch anders und ganz klein: So bedienen sich einige Chemiker bereits erfolgreich des Rastertunnel-Mikroskops, um damit Atome in gewünschter Weise auf einem Substrat zu arrangieren und sie dort nach Belieben reagieren zu lassen. Freilich sind die Mengen der so produzierten Chemikalien winzig, doch eignet sich das Verfahren hervorragend für die Grundlagenforschung, denn die Produkte sowie die Reaktionsschritte lassen sich gleich mit dem Mikroskop untersuchen und abbilden.

J.R. Hahn und Wilson Ho von der University of California in Irvine untersuchten nun damit die Oxidation von Kohlenmonoxid zu Kohlendioxid auf einer Silberoberfläche. Die Forscher schieden dazu Sauerstoff-Moleküle auf dem 45 Kelvin kalten Substrat ab, kühlten es dann samt Mikroskop auf 13 Kelvin ab und ließen schließlich das Kohlenmonoxid daran adsorbieren.

Im nächsten Schritt trennten sie mit dem Rastertunnel-Mikroskop die Bindung eines Sauerstoff-Moleküls auf, sodass zwei freie Sauerstoff-Atome auf der Oberfläche zurück blieben. Dazu mussten sie nur die Spitze des Mikroskops über dem Molekül platzieren und kurz die Spannung erhöhen – die tunnelnden Elektronen erledigten den Rest. Im weiteren schoben die Wissenschaftler nun ein CO-Molekül in Richtung der beiden Sauerstoff-Atome, indem sie mehrmals kurze Spannungspulse zwischen Spitze und Molekül anlegten.

Wie sich zeigte, mussten die Chemiker das Kohlenmonoxid in nächste Nähe zu den beiden Sauerstoff-Atomen bringen, auf 0,178 Nanometer heran, damit überhaupt etwas passierte. Dann sahen sie aber, wie sich ein Komplex aus Kohlenmonoxid und den beiden freien Atomen bildete. Zwar hatte man diesen O-CO-O-Komplex bereits vorausgesagt, doch ließ sich seine Bildung bislang nicht beobachten. Durch einen weiteren Spannungspuls angeregt, löste sich der Komplex wieder auf, wobei ein Kohlendioxid-Molekül entstand und ein Sauerstoff-Atom freigesetzt wurde. Das CO2 löste sich schließlich von der Oberfläche und ließ das Sauerstoff-Atom allein zurück.

Um nun diese Reaktion am Bildschirm zu verfolgen, reichte es nicht aus, mit der Messspitze des Mikroskops einfach über die betreffende Stelle zu rastern. Vielmehr nutzten die Forscher eine Technik die sich inelastic electron tunneling spectroscopy (IETS) nennt. Die Idee ist dabei, dass die tunnelnden Elektronen bestimmte Molekülschwingungen anregen, wobei ein Teil der Elektronenenergie verloren geht. Praktisch beobachtet man das am elektrischen Widerstand, der bei bestimmten Spannungen stark ansteigt.

Es stellte sich dabei heraus, dass ein CO-Molekül, das am Ende der Messspitze baumelte, die Auflösung deutlich verbesserte. Sogar die Linien des Silber-Kristallgitters wurden so sichtbar. Das Molekül nahmen die Forscher auf, indem sie die Spannung und den Tunnelstrom erhöhten.

Auch in einem letzten Versuch verwendeten die Forscher eine Metallspitze mit einem daran klebenden CO-Molekül. Nur ließen sie hierbei das Molekül direkt auf zwei Sauerstoff-Atome fallen. Dazu polten sie die Spannung kurz um. Auch in diesem Experiment beobachteten Hahn und Ho, wie Kohlendioxid entstand. So konnten die Wissenschaftler denn auch zeigen, dass nicht unbedingt beide Reaktionspartner auf der Silber-Oberfläche liegen müssen, es reichte offensichtlich, dass Sauerstoff adsorbiert ist.

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