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News: Atomtransport

Eine Welt ohne Elektronik kann sich heute wohl kaum noch jemand vorstellen. Es gäbe keine Digitaluhren, keine Handys, kein Fernsehen und natürlich auch keine Computer. Die Photonik, basierend auf Photonen anstelle von Elektronen, ist hingegen noch nicht so weit entwickelt. Nichtsdestotrotz konnte die Wissenschaft auch hier in den letzten Jahren enormer Fortschritte verzeichnen. Nun stehen schon die nächsten Anwärter in den Startlöchern, die Welt der integrierten Schaltkreise zu revolutionieren: Einzelne neutrale Atome könnten in Zukunft zur Informationsverarbeitung dienen. Drei Forschergruppen haben jeweils eine Methode vorgestellt, die Kleinen zur ihrem Ziel zu geleiten.
Der Einsatz von Atomen anstelle von Elektronen und Photonen könnte eine ganz neue Technik hervorbringen. Allerdings muss zunächst der Umgang mit den winzigen Bausteinen der Materie beherrscht werden. Einige Erfolge konnten die Forscher in den letzten Jahren feiern: Sie fangen ganze Atomwolken in tiefgekühlten magnetischen Fallen, bauen Laser, die Atome anstelle von Photonen aussenden, und schicken die Strahlen durch besondere Wellenleiter zu einem beliebigen Ziel. Drei neue Erfindungen durften nun in Labors in Deutschland, Österreich und Frankreich das Licht der Welt erblicken.

Jörg Schmiedmayer und seine Kollegen von der Universität Innsbruck sowie der Universität Heidelberg haben einen planaren Strahlteiler konstruiert, der Atome gezielt in eine Richtung schickt oder einen Strahl in zwei Teilstrahlen aufteilt. Die Atome gleiten dabei nur wenige Mikrometer über der Oberfläche des Bauelements. Kernstück des Strahlteilers ist ein Y-förmiger elektrischer Leiter. Zwei U-förmige Elektroden fädeln die Atome über ihm ein. Der fließende Strom gibt vor, in welche Richtung sie ihren Weg nehmen, sodass sich der Weg der Atome direkt steuern lässt (Physical Review Letters vom 25. Dezember 2000, Abstract).

Eine weitere Gruppe um Wolfgang Hänsel am Max-Planck-Institut für Physik in München hat eine Atomwolke über ein lithographisch hergestellte Leiterstruktur auf einem Wafer bewegt. Die Physiker nennen ihre Erfindung magnetisches Fließband. Anders als eine herkömmliche Führung, transportiert dieses Fließband die Atomwolken in getrennten Potentialtöpfen. Man kann sich diese Potentialtöpfe wie Vertiefungen vorstellen: Die Atome sitzen in diesen wie die Eier in einem Eierkarton; die Potentialtöpfe beschränken den Aufenthaltsort der Atome in allen drei Dimensionen. Das erlaubt, die Geschwindigkeit der Wolke genau zu kontrollieren und sie sehr präzise zu positionieren. Mit dem Förderband lässt sich beispielsweise ein Bose-Einstein-Kondensat, eine Atomwolke im quantenmechanischen Grundzustand, elegant an den gewünschten Ort bewegen. So ließe sich eine Art Tintenstrahldrucker für Atome verwirklichen (Physical Review Letters in einer kommenden Ausgabe).

Unterdessen haben Laurence Pruvost und seine Kollegen von der Paris-Sud University einen Atomstrahl aus Rubidiumatomen hergestellt und diesen aufgespalten. Der Atomstrahl leitet Rubidiumatome aus einer magnetooptischen Falle (MOT). Ein weiterer Laserstrahl kreuzt den Atomstrahl in einem spitzen Winkel. Ein Teil der Rubidiumatome folgt nun dem Verlauf des zweiten Strahls, er wirkt also wie ein Strahlteiler. Zudem spaltet er den Atomstrahl auch energieabhängig auf. So kann der Laser beispielsweise hochenergetische Atome von anderen Atomen trennen und zu weiteren Experimenten leiten (Physical Review Letters vom 25. Dezember 2000, Abstract).

Die Grundlagen für eine integrierte Technik auf Basis von Atomen scheint also Formen anzunehmen. Bleibt abzuwarten, wann uns die Forscher mit dem ersten Chip beglücken, der mit Atomen anstelle von Elektronen rechnet.

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