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Exotische Materiezustände: Atomwolke nimmt Form eines Froschs an

Wer zwei unterschiedliche Flüssigkeiten zusammenbringt, beobachtet mitunter erstaunliche Phänomene. Das klappt auch im Mikrokosmos, wie ein Forschertrio nun zeigen konnte.
Quantenfrosch

Nicht nur beim Bleigießen kommen manchmal sonderbare Formen heraus. Ein Experiment von Kuin-Tian Xi von der Ohio State University und zwei Kollegen zeigt, dass auch im Mikrokosmos fantasievolle Formen entstehen können, wenn man zwei Flüssigkeiten mischt. Natürlich goss das Physikertrio nicht einfach flüssiges Blei in kaltes Wasser. Die Forscher warfen stattdessen einen Computer an und spielten darauf durch, was passiert, wenn sich zwei exotische Quantengase mischen.

Solche Bose-Einstein-Kondensate können nur knapp oberhalb des Temperaturnullpunkts bei rund minus 273 Grad Celsius bestehen. Sie zeichnen sich dadurch aus, dass sämtliche Teilchen in einer Atomwolke in denselben quantenphysikalischen Zustand gezwungen werden. Die Folge ist ein Materiezustand, den man sich leicht idealisiert als bizarre, reibungslos vorankriechende Flüssigkeit vorstellen kann.

Quanten-Pilz | Bei der Mischung zweier Bose-Einstein-Kondensate mit gegensätzlichem Spin entsteht binnen Mikrosekunden ein pilzförmiges Muster, sobald man das Magnetfeld anstellt. Links ist das innere Kondensat zu sehen, rechts das äußere.

Aber was passiert, wenn man zwei Bose-Einstein-Kondensate mit leicht unterschiedlichen Eigenschaften mischt? Die Forscher interessierten sich konkret für zwei Wolken ultrakalter Chromatome, deren Spins gegensätzlich orientiert sind, wodurch die Kondensate unterschiedlich auf Magnetfelder reagieren.

© Kui-Tian Xi, courtesy of The Ohio State University. [K.-T. Xi et al., Phys. Rev. A (2018)]
Quanten-Frosch (Video)

In ihrer Computersimulation brachten die Forscher die beiden pfannkuchenförmigen Kondensate zusammen, wobei eines die Mitte des Pfannkuchens bildete und das andere den Rand. Sobald die Forscher ein Magnetfeld anschalteten, mischten sich die beiden ultrakalten Atomwolken. Je nach Stärke des Magnetfelds entstanden dabei mitunter Formen, die an Frösche, Pilze oder deutlich komplizierte Muster erinnerten, berichten die Experten im Fachmagazin »Physical Review A«.

Verantwortlich für die eigenartigen Formen sind so genannte Fingerinstabilitäten, die außerhalb der Quantenwelt zwischen den Oberflächen von Flüssigkeiten stark unterschiedlicher Dichten und Zähigkeiten auftreten. Mit dem Konzept lässt sich beispielsweise die kuriose Form des berühmten Krebsnebels im Weltall erklären oder die geriffelte Oberfläche eines Atompilzes. Ob sich die Instabilitäten auch im Mikrokosmos zeigen, müssen die Forscher nun noch mit einem echten Experiment beweisen.

© Kui-Tian Xi, courtesy of The Ohio State University. [K.-T. Xi et al., Phys. Rev. A (2018)]
Quanten-Pilz (Video)

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