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News: Auch Ameisen sind lernfähig

Insekten speichern in ihrem Gehirn Kenntnisse und Erfahrungen. Die Menge des erworbenen Wissens manifestiert sich in der Größe der Pilzkörper. Bei Ameisen sind besonders jene Bereiche gut ausgebildet, welche Duftinformationen verarbeiten.
Das Gehirn ermöglicht es dem Menschen, sein ganzes Leben lang zu lernen – obwohl ihm dies im Alter immer schwerer fällt. Da ähnelt er so manchem Tier: Auch einem jungen Hund kann man sehr viel leichter Manieren beibringen als einem alten. Wirklich erstaunlich ist es aber, daß auch so „primitive” Tiere wie Insekten ein Lernvermögen besitzen.

Das Lernvermögen ermöglicht es den Tieren, sich besser an ihre Umwelt anzupassen. Besonders dann, wenn sich die Umweltbedingungen ändern, zahlt sich die Lernfähigkeit für eine Tierart aus. Während manche Schmetterlinge und andere Insekten instinktiv auf die Farbe oder den Duft ihrer Futterpflanze „vorprogrammiert” sind, ist es zum Beispiel fuer Bienen wichtig, daß sie schnell Düfte und Farben neuer Pflanzen lernen können – je nachdem, ob gerade Obstbäume, Kastanien oder ganze Felder von gelbem Raps blühen.

Wie bei Mensch und Wirbeltier ist auch bei Insekten die Lernfähigkeit im Gehirn lokalisiert. Wissenschaftler am Biozentrum der Universität Würzburg untersuchen, ob sich das Lernvermögen und die Verhaltensvielfalt einer Art oder gar die individuelle Erfahrung eines Individuums in der Struktur des Gehirns niederschlägt. Neben Bienen sind auch Ameisen für ihre Lernfähigkeit bekannt. Das erläutert Dr. Wulfila Gronenberg vom Lehrstuhl für Zoologie II, dessen Projekt von der Deutschen Forschungsgemeinschaft gefördert wird, an einem Beispiel: „Waldameisen lernen nicht nur den besonderen Duft ihres heimatlichen Hügels und seiner Umgebung, sondern prägen sich auch markante optische Strukturen ein, um von ihren Wanderungen wieder nach Hause zu finden.” Auch im Labor könnten sich diese Ameisen nach einigem Training den kürzesten Weg in einem Labyrinth merken.

Derartige komplexe Verhaltensleistungen bringen die Wissenschaftler mit bestimmten Strukturen im Ameisengehirn, den sogenannten Pilzkörpern, in Zusammenhang. Diese Pilzkörper finden sich bei allen Insekten, sind aber bei Ameisen ganz besonders groß. Die Würzburger Biologen können in den Pilzkörpern sogar Bereiche dingfest machen, in denen entweder visuelle oder Duftinformationen verarbeitet werden. Für Bienen und Wespen spielen die Augen vor allem beim Fliegen eine überragende Rolle, während die flugunfähigen Ameisen sich eher auf den Geruchssinn verlassen – manche Ameisenarten sind sogar blind. „Wir haben Hinweise darauf, daß sich diese Unterschiede auf der Ebene der Pilzkörper widerspiegeln”, sagt Dr. Gronenberg: Bei Wespen scheint der visuelle Teil der Pilzkörper am größten, bei Bienen halten sich die visuellen und die Duftinformationen verarbeitenden Teile in etwa die Waage, während die Pilzkörper der Ameisen zum größten Teil mit der Auswertung von Duftinformationen beschäftigt zu sein scheinen. Diese Befunde sprechen dafür, daß die Pilzkörper tatsächlich eine entscheidende Rolle bei der Kontrolle des Verhaltens spielen. Ein weiteres Projekt hat nach Angaben der Würzburger Biologen gezeigt, daß die Pilzkörper bei älteren Ameisen und solchen, die ihre Umgebung erforschen und Futter suchen, größer sind als bei jungen und bei inaktiven. Ähnlich wie im Gehirn von Säugetieren haben also Erfahrung und Alter bei Insekten einen Einfluß auf die Struktur der Pilzkörper.

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