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News: Auf allen sieben Meeren

Das Meer spielt für den Kohlenstoffkreislauf eine entscheidende Rolle, werden hier doch große Mengen an Kohlendioxid fixiert und damit der Atmosphäre entzogen. Neben Tangen und Seegräsern leisten hierbei die winzigen Algen des Phytoplanktons die Hauptarbeit. Eine wichtige Komponente des marinen Kohlenstoffkreislaufs haben die Wissenschaftler jedoch in ihrer Bedeutung bisher unterschätzt: Bakterien, die wahlweise auf Photosynthese umschalten können und dabei Kohlendioxid fixieren. Sie scheinen in allen Meeren vorzukommen.
Nahezu das gesamte Leben der Erde hängt von der Sonne ab. Die grünen Pflanzen nutzen die Energie des Lichtes, um bei der Photosynthese aus Kohlendioxid (CO2) organische Kohlenstoffverbindungen aufzubauen. Diese gelangen wiederum in die Mägen der Tiere, die Kohlenstoffverbindungen werden verbrannt und als CO2 wieder ausgeschieden. Somit schließt sich der Kreis.

Anders als auf dem Festland, bei dem vor allem die großen Wälder Kohlendioxid fixieren, vollbringen im Meer die winzigen Algen des Phytoplanktons diese Leistung. Der Prozess der Photosynthese läuft bei beiden jedoch gleich ab. Es gibt allerdings Bakterien, die nur über einen "halben" Photosyntheseapparat verfügen. Sie nutzen das Sonnenlicht, um das Universalenergiemolekül ATP aufzubauen, sie können aber nicht, wie die Pflanzen, Wasser spalten. Bei dieser anoxygenen Photosynthese entsteht also kein Sauerstoff. Manche von ihnen können dabei wählen, woher sie ihren Kohlenstoff beziehen: entweder autotroph aus CO2 oder heterotroph aus organischen Kohlenstoffquellen.

Bisher hielten die Wissenschaftler diese bakterielle Photosynthese für eine eher exotische Erscheinung, die sich auf extrem nährstoffreiche Biotope wie beispielsweise die Bakterienmatten der Flachwasserregionen beschränkt. Im Jahr 1998 entdeckte jedoch die Arbeitsgruppe von Zbigniew Kolber von der Rutgers University, dass anoxygene phototrophe Bakterien auch im freien Meer vorkommen. Jetzt haben sich die Wissenschaftler die weltweite Verteilung dieser "Exoten" näher angeschaut, indem sie das bakterielle Chlorophyll in verschiedenen Wasserproben des Meeres maßen.

Zunächst suchten sie die Bakterien bei den Hydrothermalquellen der Tiefsee." Wir nahmen an, dass das Licht aus dem überhitzten Wasser der Thermalquellen sowie die chemischen Prozesse, die dort stattfinden, eine gute Umgebung für photosynthetische Bakterien darstellen würde", erzählt Kolber. "Aber zu unserer Enttäuschung fanden wir nichts."

Um so größer war die Überraschung, als sie die Proben aus verschiedenen Tiefen des Freiwassers analysierten – und fündig wurden. "Das Maximum fanden wir in 30 bis 40 Meter Tiefe", erinnert sich der Forscher. "Unterhalb von 150 Metern sank ihre Konzentration unter die Nachweisgrenze ab, aber wir fanden sie in nahezu jeder Oberflächenprobe. Sie scheinen überall zu sein."

Den Schätzungen der Wissenschaftler zufolge, spielen die anoxygenen phototrophen Bakterien eine bedeutende Rolle im Ökosystem des Meeres. Etwa elf Prozent aller Bakterien der Wasseroberfläche gehören wahrscheinlich zu ihnen. Ihre Photosynthese läuft zwar nicht so effektiv ab wie die des Phytoplanktons, dennoch erreichen sie vermutlich mehr als ein Prozent der gesamten CO2-Fixierung.

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  • Quellen
Rutgers University
Science 292(5529): 2492–2495 (2001)

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