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News: Auf dem Weg zu großen Diamantschichten

Weltweit arbeiten viele Wissenschaftler an der Entwicklung einer neuen Methode zur Herstellung von Diamant aus kohlenstoffhaltigen Gasen. Die einzigartigen Eigenschaften machen es zum idealen Werkstoff für eine Reihe von Anwendungen. Optimal geeignet wären dünne Einkristalle, doch Unregelmäßigkeiten im Wachstum der Industriediamanten erschweren deren Synthese. Eine deutsche Arbeitsgruppe ist dem Ziel nun einen bedeutenden Schritt näher gekommen, indem sie einfach ein anderes Material als Unterlage gewählt hat.
Vergleicht man die physikalischen Materialparameter von Diamant mit denen aller anderen bekannten Werkstoffe, so findet man, daß Diamant in einigen Fällen – zum Beispiel was Härte und Wärmeleitfähigkeit betrifft – absoluter Spitzenreiter ist. Bei einer Reihe weiterer Größen weist er zusammen mit anderen Materialien die höchsten Werte auf. Diese einzigartige Kombination extremer Eigenschaften verschafft Diamant eine Sonderstellung unter allen Werkstoffen. Für eine Reihe technischer Anwendungen birgt dies das Potential, ultimative Lösungen zu finden, die durch weitere Entwicklungen nicht mehr zu verbessern sind – beispielsweise Leistungstransistoren, die bei extremen Temperaturen von 800 Grad Celsius arbeiten, oder Fenster für Hochleistungslaser.

Seit vor über 200 Jahren der französische Chemiker Lavoisier die ersten Hinweise hatte, daß Diamant ausschließlich aus Kohlenstoff besteht, haben Alchemisten, Chemiker und Physiker nach einem künstlichen Syntheseweg gesucht. Die Synthese, wie sie für die heutigen Industriediamanten verwendet wird, gelang aber erst in den fünfziger Jahren dieses Jahrhunderts bei Temperaturen von über 1400 Grad Celsius und Drücken von über 65 000 Atmosphären. Angesichts dieser unwirtlichen Bedingungen sowie der relativ geringen erreichbaren Größe der Kristalle – nach tagelanger Kristallzucht günstigstenfalls etwa ein Zentimeter – bemühte man sich in den letzten Jahren um Alternativen. Diese Bemühungen führten zu einem neuen Verfahren, bei dem man in einer kohlenstoffhaltigen Gasatmosphäre unzählige – eine Milliarde pro Quadratzentimeter – kleinste Diamantkristallite wachsen läßt. Dünne, superharte Schichten, nach diesem Verfahren zum Beispiel auf Bohrer als Verschleißschutz aufgebracht, sind schon heute käuflich erhältlich.

Da die Korngrenzen zwischen den einzelnen, unterschiedlich orientierten Kristalliten den Elektronenfluß behindern, sind sie in dieser Form für Mikroelektronik allerdings nicht zu verwenden. Bei anderen Materialien behelfen sich Wissenschaftler in solch einem Fall üblicherweise damit, daß sie die einzelnen Kristallite – auf einer geschickt gewählten Unterlage – alle identisch ausrichten, so daß sie zu einem perfekten Einkristall zusammenwachsen können. Physiker um Bernd Stritzker und Matthias Schreck von der Universität Augsburg haben dieses Verfahren für Diamant nun entscheidend optimiert: Im Rahmen der Diplomarbeit von Harald Roll haben sie das für das Diamantwachstum üblicherweise als Unterlage verwendete Silicium durch eine hauchdünne, auf einen Einkristall von Strontiumtitanat aufgebrachte Schicht des Edelmetalls Iridium ersetzt. Damit erzielten sie sofort eine im Vergleich zu allen früheren Arbeiten fünf- bis zehnfach bessere Ausrichtung der Diamantkristallite. Stritzker und Schreck sind zuversichtlich, die von ihnen erreichte Präzision der Ausrichtung von wenigen Zehntel Grad in der nächsten Zeit weiter verbessern zu können. Der Traum vieler Materialwissenschaftler, Einkristalle aus dem einzigartigen Material Diamant mit Durchmessern von zehn Zentimetern und mehr für verschiedenste Anwendungen zur Verfügung zu haben, könnte damit schon bald Realität werden.

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