Direkt zum Inhalt

News: Auf der Überholspur

Die Reise zum Mars in nur zwei Wochen? Ein neuartiger Antrieb könnte es möglich machen, denn im Gegensatz zu anderen nuklearen Brennstoffen, ließen sich in einem mit Americium betriebenen Reaktor die Spaltprodukte direkt nutzen. Anstatt in Form schwerer Brennstäbe liefert dieses seltene Element die Energie aus nur Mikrometer-dicken Folien.
Die Entfernung zwischen Erde und Mars schwankt - je nach Position beider Planeten auf ihren jeweiligen Bahnen um die Sonne - zwischen 60 und 400 Millionen Kilometern. Deshalb benötigen Sonden oder Robotor auch mindestens acht Monate, bis sie zu dem roten Planeten gelangen – eine lange Zeit, die für zukünftige, bemannte Reisen schwerwiegende Konsequenzen hat. Schließlich würde ein Großteil der Nutzlast aus Treibstoff und Proviant bestehen. Vielleicht ist das seltene Element Americium die Lösung, denn mit ihm ließe sich ein Kernreaktor konstruieren, der winzig klein und höchst effektiv ist und die Reisezeit auf gerade einmal zwei Wochen verkürzen könnte (Nuclear Instruments and Methods in Physics Research A vom Dezember 2000).

Americium (Am) besetzt im Periodensystem der Elemente den 95. Platz und hat eine Atommasse von 243. Glenn Seaborg, einst am legendären Manhattan Project beteiligt, entdeckte den Stoff Ende 1945, nachdem er Plutonium mit Neutronen beschossen hatte. Americium ist ein silberig glänzendes Metall, das an der Luft oxidiert und sich in Säure löst. Es gibt zahlreiche Isotope, von denen viele nur wenige Nanosekunden existieren. Das stabilste ist das 243Am, welches über eine Halbwertzeit von 7 370 Jahren verfügt.

Yigal Ronen und Eugene Shwagerous vom Department of Nuclear Engineering der Ben-Gurion University of the Negev beschäftigen sich indes mit dem 242mAm-Isotop (Halbwertzeit: 141 Jahre). Was dieses Metall für einen Nuklearantrieb so interessant macht, ist seine geringe kritische Masse - also die kleinste Spaltstoffmasse, die eine Kettenraktion in Gang setzt. Sie liegt bei dem 242mAm bei nur rund einem Prozent der kritischen Masse des Urans oder Plutoniums. Damit können schon geringe Mengen des radioaktiven Stoffs hohe Energien freisetzen. Americium ließe sich deshalb zu Folien von weniger als einem Tausendstel Millimeter Dicke verarbeiten. Das hat neben dem geringen Gewicht einen weiteren entscheidenden Vorteil: Man könnte die extrem energiereichen und heißen Spaltprodukte direkt für den Antrieb nutzen. Bei herkömmlichen Reaktoren auf der Basis von 235U oder 239Pu ist das nicht möglich, denn diese nuklearen Brennstoffe müssen zu dicken Brennstäben verarbeitet werden, welche die Spaltprodukte absorbieren.

Bis ein derartiger Reaktor einmal ein Raumschiff antreibt, werden noch Jahre, vielleicht Jahrzehnte vergehen. Noch gibt es ihn nicht einmal auf dem Reißbrett. Auch die Herstellung größerer Mengen 242mAm aus 241Pu und 241Am ist ein schwieriges und teures Unterfangen. Doch gerade weil hiermit erstmalig die Spaltprodukte direkt für den Antrieb zur Verfügung stünden, ist ein solcher Reaktor höchst vielversprechend. Und so bekommen Ronen und seine Mitarbeiter dann auch prominente Unterstützung von Carlo Rubbia (Nobelpreis für Physik 1984) vom European Organization for Nuclear Research (CERN). Für ihn ist 242mAm eindeutig der Raketentreibstoff der Zukunft.

Siehe auch

Schreiben Sie uns!

Wenn Sie inhaltliche Anmerkungen zu diesem Artikel haben, können Sie die Redaktion per E-Mail informieren. Wir lesen Ihre Zuschrift, bitten jedoch um Verständnis, dass wir nicht jede beantworten können.

  • Quellen

Partnerinhalte

Bitte erlauben Sie Javascript, um die volle Funktionalität von Spektrum.de zu erhalten.