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WASP-76b: Sonnig mit nächtlichen Eisenschauern

Wer sich gern über das Schmuddelwetter aufregt, kann sich nun damit trösten, dass es anderswo noch viel schlimmer ist. Auf WASP-76b zum Beispiel: Tags wird es dort 2400 Grad heiß, nachts regnet es Eisen.
Künstlerische Darstellung von WASP-67b

Das Wetter tut bekanntermaßen bisweilen seltsame Dinge. Doch Eiskugelstrände und Antimateriegewitter sind nichts dagegen, wie es auf manch einem anderem Planeten zugeht: Nach Glas und Diamanten kennen wir nun auch eine Welt, wo es nachts flüssiges Eisen regnen könnte. Diesen außerirdischen Wetterbericht veröffentlichten Forscher um David Ehrenreich von der Universität Genf im Fachmagazin »Nature«. WASP-76b, etwas kleiner als Jupiter und im Orbit um einen Stern von 1,5 Sonnenmassen, liegt nach Daten des Astrometriesatelliten Gaia etwa 640 Lichtjahre von uns entfernt.

An Stelle eines Wetterballons musste daher der Spektrograf ESPRESSO am Very Large Telescope in Chile herhalten. Während der Planet im Rahmen eines Transits vor seinem Stern vorbeizog, analysierten Ehrenreich und sein Team das durch seine Atmosphäre scheinende Sternenlicht. Dabei suchten sie nach Linien, die darauf hinweisen, dass gasförmiges Eisen in der Planetenatmosphäre Licht spezieller Wellenlängen herausfiltert. Solch ein Signal entdeckten sie schließlich auch – allerdings nur zu Beginn des Transits. Da der Planet in dieselbe Richtung rotiert, in der er auch den Heimatstern WASP-76 umkreist, folgt: Eisen in der Atmosphäre gibt es nur tagsüber bis zur Abenddämmerung. Das plötzliche Verschwinden im Morgengrauen erklären die Forscher damit, dass auf der Nachtseite das Eisen in Wolken kondensiert – und Wolken verheißen ja bekanntlich oft Regen.

Aussitzen lässt sich das Regenwetter leider nicht. Der Gasriese rotiert gravitativ gebunden und wendet somit dem Stern immer dieselbe Seite zu. Wo einmal Nacht ist, bleibt es also auch Nacht. Tagsüber hingegen sind dauerhaft Hitzewelle und strahlender Sonnenschein angesagt – brütende Hitze um genau zu sein, denn WASP-76b umkreist seinen Heimatstern in gerade einmal 1,8 Tagen und schafft es tagsüber auf stolze 2400 Grad. Bei solchen Temperaturen – ähnlich heiß wie auf einem kühlen Stern – können sich Wolken gar nicht erst bilden und komplexe Moleküle lösen sich auf. Da ohne Wolken wenig Wärmeaustausch stattfinden kann, ist der Temperaturunterschied so extrem, dass die chemische Zusammensetzung sich auf den Hälften stark unterscheidet. Den Hitzerekord knackt WASP-76b trotzdem nicht: Da haben Gesteinsplaneten die Nase vorn, auf denen das Jahr auch schon einmal schlappe vier Stunden dauern kann.

Singin' in the iron rain | So stellt sich Sciencefiction-Künstler Frederik Peeters den Eisenregen auf WASP-76b vor.

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