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Bildgebende Verfahren: Auf magnetischer Spur durch den Körper

Obwohl wir Menschen nicht magnetisch sind, können starke Magnetfelder viele Atomkerne in unseren Zellen ausrichten und zum Schwingen bringen. Geringer wäre der Aufwand, wenn anstelle der biologischen Moleküle leichter magnetisierbare Kontrastmittel das Bild erzeugen würden. Genau diese Idee haben deutsche Wissenschaftler nun experimentell verwirklicht.
Es gibt Menschen, die halten sich für magnetisch, behängen sich mit Löffeln und Bügeleisen und treten damit in mittelmäßigen Fernsehshows auf. Seltsamerweise wundert es die Moderatoren bei solchen "Sensationen" nie, dass ganz gewöhnliche Kompassnadeln sich keine Bogenminute um die Nähe der "magnetischen" Kandidaten scheren. Und so wandern gutgläubige Magnetmenschen wie Zuschauer von Sendung zu Sendung und von Kanal zu Kanal, um ihr immer gleiches Spiel mit Schwerkraft, Reibung und Haftwirkung zu zeigen. Wer genug Brot hat, braucht eben auch ständige Berieselung mit Spielen.

Dabei ist an der Sache mit den magnetischen Menschen doch ein winziges, aber nicht minder spannendes Körnchen Wahrheit dran: Menschen sind zwar nicht magnetisch, dafür teilweise magnetisierbar. Zumindest vorübergehend. Denn begeben wir uns in ein sehr starkes Magnetfeld, kann sich dies auf die Ausrichtung der Protonen in den Atomkernen unserer Moleküle auswirken. Wie winzige Kompassnadeln reagieren sie auf das Feld und wechseln in einen ordentlichen Zustand, der in Kontrast zu dem sonst üblichen Chaos von Drehimpulsen steht. Mit raffiniert pulsierenden Feldern, empfindlichen Detektoren und einer guten Portion Computerpower lässt sich daraus ohne Skalpell ein Bild vom Inneren des menschlichen Körpers machen. Diese so genannten Magnet-Resonanz-Verfahren haben in den vergangenen dreißig Jahren eine fulminante Entwicklung erfahren und gehören zu mittlerweile zu den mächtigsten medizinischen Diagnoseinstrumenten.

Um aus den schwach magnetisierbaren biologischen Geweben noch etwas mehr an Informationen herauszukitzeln, spritzen Mediziner ihren Patienten mitunter besser magnetisierbare Kontrastmittel. Vor allem anatomische Strukturen wie Blutbahnen oder in manchen Fällen Tumore werden dadurch leichter sichtbar. Bislang wirken die Mittel dabei nur indirekt, indem sie über komplizierte Wechselwirkungen die winzige Antwort der Körpermoleküle verstärken. Den direkten Weg – nämlich die Verteilung der Kontraststoffe selbst sichtbar zu machen – hatte man bis vor kurzem experimentell nicht in den Griff bekommen.

Zwei deutsche Wissenschaftler vom Philips-Forschungszentrum in Hamburg haben nun den richtigen Kniff gefunden. In ihren Versuchen haben Bernhard Gleich und Jürgen Weizenecker den Patienten vorerst durch eine flache, löchrige Plastikscheibe ersetzt. In den Löchern befanden sich als Kontrastmittel Dextran ummantelte Eisenoxid-Teilchen von einigen Nanometern Durchmesser. Diese Probe kam in ein externes Magnetfeld mit unterschiedlicher Stärke an den verschiedenen Stellen: In Bereichen mit großer Feldstärke wurden die Teilchen voll magnetisiert und reagierten überhaupt nicht auf zusätzlich einstrahlende Radiowellen. An Stellen mit einem schwachen Magnetfeld war die fixierende Kraft auf das Eisenoxid hingegen nicht stark genug, und die Teilchen oszillierten mit den Radiowellen.

Diese Antwort fingen die Forscher mit Detektoren auf und wussten somit nach einem Scan der gesamten Probe, wo sich das Kontrastmittel befand. Und zwar mit einer erstaunlich guten Auflösung: Obwohl die quadratischen Detektorspulen eine Kantenlänge von 16 Millimetern und die Radiowellen eine Wellenlänge von sogar rund einem Kilometer hatten, konnte die Apparatur noch Punkte mit weniger als einem Millimeter Abstand voneinander trennen.

Natürlich steht das Magnetic Particle Imaging (MPI) genannte neue Verfahren noch ganz am Anfang und wird in späteren Studien an realen Patienten zeigen müssen, welche Möglichkeiten in ihm stecken. Doch als hochauflösende Ergänzung zu den etablierten magnetischen Diagnosewerkzeugen könnte es sich dank seiner Unempfindlichkeit gegenüber einem rauschenden Hintergrund und dem guten Bildkontrast schnell sein eigenes Territorium erobern. Ganz ohne sensationsheischende TV-Shows.

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