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News: Aus Mangel an Beweisen

Nur noch wenige zweifeln daran, dass der Mensch diesem Planeten kräftig einheizt. Doch sind anthropogen bedingte Klimaveränderungen wirklich für jede Unbill verantwortlich, wie beispielsweise für die Zunahme von Infektionskrankheiten? Nicht unbedingt - denn jetzt fanden Wissenschaftler in Ostafrika, wo die Malaria auf dem Vormarsch ist, keinen Zusammenhang mit klimatischen Daten.
Sie gilt immer noch als die häufigste Tropenkrankheit: Etwa 200 Millionen Menschen erkranken jedes Jahr an Malaria, rund zwei Millionen überleben die Infektion nicht. Insbesondere die gefährlichste Form, die Malaria tropica, fordert in den tropischen Ländern ihren Tribut. Die Weltgesundheitsorganisation WHO versucht seit 1956 die Krankheit zu besiegen, doch ohne Erfolg – die Malariafälle nehmen mittlerweile wieder zu.

Schnell war ein Schuldiger für diesen Misserfolg ausgemacht. Denn der Erreger der Malaria tropica, der Einzeller Plasmodium falciparum, benötigt für seine Entwicklung im Darm der Mücke Anopheles eine gewisse Mindesttemperatur, und auch die Mücke selbst, die mit ihrem Stich den Erreger überträgt, hat es gerne warm und feucht. Und inzwischen gilt es als sicher, das der Mensch durch seine industriellen Aktivitäten das Klima verändert. Der Schluss liegt also nah: Ansteigende Temperaturen begünstigen die Ausbreitung der Seuche.

Doch lässt sich das auch belegen? Simon Hay von der University of Oxford wollte es genauer wissen. Zusammen mit seinen Kollegen wertete er Klimadaten von vier ostafrikanischen Bergregionen aus: Kericho in Kenia, Kabale in Uganda, Gikonko in Ruanda und Muhanga in Burundi. Hier stieg überall in den letzten zehn bis zwanzig Jahren die Zahl der Malariafälle zum Teil drastisch an.

Den Wissenschaftlern standen die Monatsmittelwerte der Lufttemperatur, der Feuchte sowie des Niederschlags für den Zeitraum von Januar 1911 bis Dezember 1995 sowie die täglichen Temperaturschwankungen für die Periode 1950 bis 1995 zur Verfügung. Und die Auswertung ergab: Trotz großer Schwankungen ließ sich kein signifikanter Anstieg der Temperaturen und der Luftfeuchtigkeit nachweisen. Auch historische Daten sprechen gegen die Klimahypothese. So gab es in Kericho in den vierziger Jahren schwere Malariaepidemien – dieses Jahrzehnt war jedoch besonders kühl und trocken.

Wenn es nicht das Klima ist, was hilft dann der Malaria auf ihrem Siegeszug? Die Forscher sprechen den Menschen hier nicht frei: Vermutlich sind ökonomische, soziale und politische Faktoren die Schuldigen. Das hohe Bevölkerungswachstum Ostafrikas führt zum Zusammenbruch des Gesundheitssystems, die verstärkte Landnahme mit Bewässerung fördert die Ausbreitung der Anopheles-Mücke. Und nicht zuletzt erweist sich der Erreger Plasmodium zunehmend resistent gegen Malariamittel. Nur das Klima als Schuldigen auszumachen, stellt eine zu grobe Vereinfachung dar, so warnen die Wissenschaftler, wodurch die Bekämpfung der wahren Ursachen eher behindert wird.

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  • Quellen
Nature 415: 905–909 (2002)

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