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News: Ausflüge in Zeit und Raum

Erneut belegten die Teilnehmer der von der Vereinigung der Sternfreunde e.V. (VdS) ausgerichteten Veranstaltung, was sie als "Amateure" zu leisten vermögen. Die Palette eindrucksvoller Themen reichte von der Astronomiegeschichte über Zwergnovae bis hin zu Planetarischen Nebeln in den Magellanschen Wolken.
Im Einstiegsvortrag nahm der Chemiker Bernd Hanisch aus Frankfurt alle Tagungsteilnehmer mit auf seinen "Streifzug durch 25 Jahre amateurspektroskopische Sternbeobachtung". Anfang der achtziger Jahre stattete er die Optik seines Vier-Zoll-Newton-Teleskops mit einem ungewöhnlichen Element aus: einem zusammengeklebten Objektivprisma aus Kunststoff, das er mit Ethanol gefüllt hatte. Damit gelangen ihm erste spektroskopische Beobachtungen heller Sterne.
Ein selbstgebauter Spektrograf | Mit einem Objektivprisma vor der Eintrittsöffnung eines Meniskas-Teleskops von Zeiss, erzeugt Bernd Hanisch Spektren von Sternen und Planetarischen Nebeln.
Heute verwendet er ein Glasprisma mit passendem Rundschliff vor der Objektivöffnung eines Meniskas-Teleskops von Zeiss. Sein Einstieg in die Spektroskopie gestattete ihm das Unterscheiden stellarer Spektraltypen. Seine Beobachtungstechnik setzt Hanisch nun auch bei Wolf-Rayet-Sternen, Planetarischen Nebeln oder spektroskopischen Doppelsternen erfolgversprechend ein.

Messiers Lebenswerk
Ronald Stoyan, Autor des "Atlas der Messier-Objekte" (siehe SuW 10/2006, S. 80), berichtete über den Lebensweg des französischen Astronomen Charles Messier. Geboren im lothringischen Städtchen Badenweiler (Badonviller) begann dessen astronomische Karriere, nachdem er an die Sternwarte des Marineoffiziers Nicholas Delisle bei Paris gelangte. Seine Leidenschaft für die Kometenbeobachtung ließ ihn in den kommenden Jahren 44 Kometen beobachten, wobei er 21 Entdeckungen für sich verbuchen konnte. Die Beobachtung des Kometen de la Nux im Jahr 1758 geriet zum Schlüsselerlebnis, als Messier den Schweifstern mit einem Nebelfleck im Sternbild Taurus verwechselte. Daraus entstand die Idee einer Liste, die alle bei der Kometensuche störenden Objekte zusammenfasst. 1771 erschien eine erste Publikation mit 45 Messier-Objekten, diese wurde später zur heute bekannten Liste von insgesamt 110 Objekten ergänzt.

Mit Rosat auf der Pirsch
Der Vortrag des Linzer Sternfreunds Klaus Bernhard wiederum gab einen erstaunlichen Einblick in die Leistungsfähigkeit von Amateurastronomen. Sein Vergleich von Beobachtungen des 1990 gestarteten Röntgensatelliten Rosat mit optischen Bildern des Robotic Optical Transient Research Experiment (Rotse) ergab eine Liste von hundert aussichtsreichen Objekten, die sowohl einen Helligkeitswechsel als auch eine Röntgenemission aufweisen. Eine erste Zwergnova war rasch entdeckt. Eine zweite, spannendere Zwergnova-Entdeckung folgte kurz danach. Dort umläuft in der Rekordzeit von nur 0,42 Tagen ein Weißer Zwerg einen roten Riesenstern. Da das System nahezu direkt in Kantenstellung beobachtet wird, ergeben sich in der Lichtkurve Nebenminima, wenn die Akkretionsscheibe des Weißen Zwergs den Roten Riesen teilweise bedeckt. Durch den Erfolg angespornt, wandte sich Bernhard nun Sternen mit Riesenflecken zu, die sich durch sehr breite Minimakurven auszeichnen. Bei einem dieser Sterne konnte er von 1999 bis 2005 sogar einen kompletten "Sonnenfleckenzyklus" nachweisen.

Ein Nachfolger für die Webcam?
Aus Ludwigsburg war die Planetenbeobachterin Silvia Kowollik angereist, um das Videomodul SK 1004 von Lechner electric cctv aus Kolbermoor vorzustellen. Dieses bildet zwar nur in Schwarzweiß ab, ist aber wesentlich empfindlicher als die bekannte Webcam von Philips. Hervorzuheben ist laut Kowollik auch die erhöhte Infrarotempfindlichkeit sowie die nutzbare Aufnahmefähigkeit im Ultravioletten. Ein weiterer Vorteil: Das Kameragewinde des Lechner-Moduls entspricht demjenigen der Philips-Webcam, sodass sich vorhandene Teleskopadapter weiterhin nutzen lassen. Bei ersten Testbeobachtungen hiermit konnte Kowollik mit einem UV-Transmissionsfilter von Schuler Wolkenstrukturen auf dem Nachbarplaneten Venus ablichten.

23-mag-Astronomie
Auch die fotografische Vermessung von Körpern unseres Sonnensystems im Helligkeitsbereich von 23 mag durch Erich Meyer und seine Kollegen von der Sternwarte Davidschlag bei Linz zeigt die enorme Leistungsfähigkeit der heutigen Amateurastronomie auf. Ziele des Beobachtungsteams sind vor allem sehr kleine erdnahe Himmelsobjekte (NEOs) und die weit entfernten Objekte des Kuipergürtels jenseits der Neptunbahn.

Einleuchtend konnte Meyer erläutern, wie sich bei einem 20 mag hellen Himmelshintergrund 22 mag schwache Objekte darstellen lassen. "Nur bei ausreichend langen Belichtungszeiten lässt sich die Streuung des Himmelshintergrunds so herausrechnen, dass das Signal eines schwachen Objekts erkennbar wird", gab Meyer zu bedenken, der für seinen Beobachtungserfolg den USNO-B 1.0 als Referenzkatalog einsetzte.

Der Mond als Kartenwerk
Mit viel Diskussionsstoff ging es damit zur Vortragshalbzeit in die lange Mittagspause, bevor die Bonner Sternfreundin Petra Mayer die Geschichte der Mondzeichnungen seit dem 17. Jahrhundert zusammenfasste.
Reise in die Astronomiegeschichte | Petra Mayer nahm die Tagungsteilnehmer auf eine Reise durch drei Jahrhunderte Mondkartographie mit.
Als der belgische Cosmograph Michael Florent van Langren 1645 seine erste Mondkarte veröffentlichte, prägte er die Begriffe "Oceanus" und "Mare". Der Marbacher Astronom Tobias Meyer vermaß für seine Karte erstmals die Oberfläche des Erdtrabanten mit einem Mikrometer. Johann Friedrich Julius Schmid vermaß 1878 für seinen Atlas bereits 33000 Einzelkrater. Mit dem Beginn des zwanzigsten Jahrhunderts hielt die Fotografie Einzug in die Erkundung des Mondes. Zunächst wurden noch unscharfe Mondfotos von Hand nachgezeichnet, schließlich erschienen die ersten fotografischen Mondatlanten. Der pfälzische Lehrer Philipp Fauth brachte zwischen 1884 und 1940 der visuellen Mondkartierung eine letzte Hochblüte.

Sternentstehung aufs Korn genommen
Interessante Ziele für die CCD-Fotografie stellte anschließend Martin Krahn vor. Und auch er konnte dabei durchaus mit Helligkeiten von 23 mag aufwarten. Eine mit seinem Zwölf-Zoll-Newton-Teleskop angefertigte Aufnahme des Hubble-Deep-Fields ergab sogar eine Grenzgröße von 24,3 mag nach nur 285 Minuten Belichtungszeit.
Tiefe Aufnahme mit Zwölf-Zoll-Newton-Teleskop | Diese Aufnahme des Hubble-Deep-Fields gelang Martin Krahn mit seinem Zwölf-Zoll-Newton-Teleskop. Bei einer Belichtungszeit von 285 Minuten wurden noch Sterne mit einer scheinbaren Helligkeit von 24,3 mag abgebildet.
Besonders interessieren ihn aber Herbig-Haro-Objekte, also mit Jets junger Sterne assoziierte Bögen aus leuchtendem Gas. In den Sternentstehungsregionen NGC 1333 (Perseus), Taurus und Orion wurde Krahn fotografisch fündig. Zum Abschluss konnte er noch mit einem Nachtrag zum Thema "Hyper Velocity Stars" (HVS) des Vorjahres auftrumpfen (siehe SuW 8/2006, S. 87). Es gelang ihm, den 180000 Lichtjahre entfernten Stern HVS-5 im Großen Wagen abzulichten und weitere aus der Milchstraße geschleuderte Sterne aufzufinden.

Kameras für Sternbedeckungen
Eberhard Bredner referierte über die Eignung unterschiedlicher Videokameras für die Beobachtung von Sternbedeckungen. In einem Test konnte er mit der neuen Watec-Ultima und einem Celestron 8 bei einer minimalen Belichtungszeit von zwanzig Millisekunden immerhin noch 8 mag schwache Sterne nahe Regulus im Löwen deutlich abbilden. Bei einer Belichtungszeit von 320 Millisekunden beträgt die Grenzhelligkeit bereits 12 mag – freilich um den Preis, dass sich mit steigender Belichtungszeit auch die Messgenauigkeit verringert, denn das Einzelbild bestimmt den Bedeckungszeitpunkt und damit die Messgenauigkeit einer Sternbedeckung.

Visuelle Reise in die Magellanschen Wolken
Stefan Schuchhardt berichtete über seine in Namibia durchgeführten Beobachtungen Planetarischer Nebel in den Magellanschen Wolken. Aus einem alten Beobachtungshandbuch hatte er eine Liste der fünfzehn hellsten Kandidaten der Kleinen Magellanschen Wolke entnommen. Für die Große Magellansche Wolke ergab eine ergänzende Recherche im Objektkatalog von Sanduleak, McConnell und Philip eine weitere Reihe beobachtbarer Planetarischer Nebel. Bei der Auswahl orientierte sich Schuchardt an den Helligkeiten der Objekte im Licht bestimmter Emissionslinien des zweifach ionisierten Sauerstoffs (OIII). Diese gehören zu den intensivsten Linien Planetarischer Nebel, und ihr Licht lässt sich mit dunkeladaptierten Augen gut wahrnehmen. Durch ein 20-Zoll-Newton-Teleskop konnte der Amateurastronom immerhin 56 Nebel erfolgreich visuell beobachten, was rund der Hälfte aller in den Magellanschen Wolken bekannten Planetarischen Nebel entspricht.

Zum Abschluss musste Veranstalter Frank Fleischmann berichten, dass es aufgrund des Unwillens der Universitätsverwaltung fraglich sei, ob die Würzburger Frühjahrstagung auch künftig am gewohnten Ort ausgetragen werden könne. Fleischmann versprach, nochmals mit den zuständigen Stellen zu verhandeln, jedoch auch nach geeigneten Alternativen zu suchen.

Bernd Weisheit

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