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News: Außerirdische Schätze

Die Erde war schon fast fertig. Ihr Inneres war bereits in Kern und Mantel gegliedert, als der fortgesetzte Meteoritenhagel dem Erdmantel seinen geochemischen Stempel aufdrückte. Und all diese Prozesse ließen sich in einer Theorie vereinen. Solange jedenfalls, bis auch winzigste Konzentrationen zuverlässig gemessen werden konnten. Die Ergebnisse brachten die Meteoriten-Theorie und damit das Weltbild der Geochemiker ins Wanken. Doch die Resultate australischer Wissenschaftler bringen nun alles wieder ins Lot.
Kurz nachdem sich vor über 4,5 Milliarden Jahren Myriaden von Gesteinstrümmern zur Erde vereinten, kam es aufgrund der Schwerkraft in dem rasch anwachsenden Planeten zur Differentiation der Gesteine. Dabei trennten sich die schweren metallischen Schmelzen von den leichten silikatischen und strebten zum Erdmittelpunkt. Hier bildeten sie den Kern, der ein Drittel der Erdmasse ausmacht und sich nach außen durch einen scharfen Übergang vom Erdmantel abgrenzt. Die Edelmetalle, die bevorzugt metallische Verbindungen eingehen, reicherten sich hier in einem Maße an, dass nur ein verschwindend geringer Teil in den Gesteinen des Mantels verblieb. Doch schon vor zwanzig Jahren beobachteten die Geochemiker, dass die Edelmetallkonzentrationen in den Mantelgesteinen 100 mal so hoch sind wie vermutet. Desweiteren fanden sie, dass eine Reihe von Elementverhältnissen im Mantel mit denen so genannter Chondrite übereinstimmen. Das sind primitive Meteoriten, die vermutlich dem Ausgangsmaterial der Erde entsprechen. Auf dieser Basis entwickelten die Forscher die Theorie, dass bis zu einem Prozent der Erdmasse erst durch die Einschläge chondritischer Meteoriten entstand – lange nachdem sich die Erde in Kern und Mantel differenzierte. Erst dadurch, so die gängige Meinung, entstand im Mantel die typische Anreicherung der Edelmetalle.

Doch mithilfe verfeinerter Analysentechniken entstand schließlich ein neues Bild. Metalle wie Osmium, Ruthenium oder Palladium sind in den Peridotiten des Erdmantels nur in Größenordnungen vorhanden, die in ppb (parts per billion) gemessen werden. Erst als Wissenschaftler so winzige Mengen messen konnten, zeigte sich, dass die Konzentrationsverhältnisse verschiedener Edelmetalle keineswegs so homogen und eindeutig sind, wie es die Theorie erfordert hätte. Denn je nachdem, woher die Proben stammten, variierten insbesondere die Palladium/Iridium-Verhältnisse derart, dass die Theorie der chondritischen Herkunft zu wanken begann. Eher hilflos glaubte man nun an die Existenz chemisch andersartiger Chondrite, oder auch an nachträgliche Wechselwirkungen zwischen Mantel und Kern. Andere Forscher vermuteten hingegen, dass allerlei gesteinsbildende Prozesse im oberen Mantel für die regionalen Unterschiede verantwortlich sein könnten.

Und in der Tat bestärken neue Ergebnisse, dass sich so die nicht-chondritische Verteilung der Edelmetallkonzentrationen im Erdmantel erklären ließe. Olivier Alard vom Department of Earth and Planetary Sciences der Macquarie University in Sydney hat sich mit seiner Arbeitsgruppe nämlich nicht auf die Analyse von Gesteinsproben konzentriert, sondern auf die einzelnen darin enthaltenen Minerale. Auf diese Weise erkannten die Wissenschaftler, dass die Edelmetalle fast vollständig mit Schwefel assoziert sind, also in sulfidischen Mineralen vorkommen. Diese Sulfide treten in zwei unterschiedlichen Formen auf – die einen finden sich als Einschlüsse in silikatischen Mineralen, die anderen bilden Äderchen entlang ihrer Grenzen (Nature vom 19. Oktober 2000).

In beiden Formen finden sich typische, wenn auch unterschiedliche Edelmetallverhältnisse. Interessanterweise sind sie zueinander komplementär. Während Platin in den Sulfidäderchen relativ zu anderen Edelmetallen angereichert ist, kehren sich die Verhältnisse in den sulfidischen Einschlüssen um. Alard und seine Kollegen sehen dies als Hinweis darauf, dass die Sulfide das Resultat unterschiedlicher Prozesse sind. Während die Einschlüsse infolge einer partiellen Aufschmelzung der Gesteine entstanden, kristallisierten die feinen Adern aus schwefelhaltigen Lösungen. Jede dieser Entstehungsweisen drückt sich in typischen Elementverteilungen aus, denn die einen entstanden in Folge einer Erhitzung, die anderen durch Abkühlung.

Die Erkenntnisse zeigen, dass die Schmelzvorgänge im oberen Erdmantel sowohl zu erhöhten als auch erniedrigten Edelmetallverhältnissen führen können. In ihrer Gesamtheit entsprechen sie aber in etwa der chondritischen Zusammensetzung. Die regional unterschiedlichen Palladium/Iridium-Verhältnisse lassen sich nach Meinung der Wissenschaftler daher gut mit den Prozessen lokaler Erhitzung und Abkühlung erklären. Durch die Analyse einzelner Minerale im Gesteinsverbund entdeckten die Geochemiker in ihrem Weltbild zahlreiche neue Details, um dessen Grundfesten müssen sie nun aber nicht mehr fürchten.

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