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News: Austausch über alle Grenzen

Der Verwandtenkreis ist manchmal doch größer als eigentlich angenommen. Amerikanische und deutsche Wissenschaftler haben herausgefunden, daß zwei Gruppen von Organismen, von denen angenommen wird, sie seien phylogenetisch weit voneinander entfernt, zu einem verblüffend hohen Anteil identische Gene, Enzyme und Co-Enzyme besitzen. Diese Ähnlichkeit bezieht sich auf den Kohlenstoff- Stoffwechsel der Organismen.
In fast allen Organismen sind zentrale Stoffwechselwege zu finden, in denen Kohlenstoffverbindungen reduziert oder oxidiert werden, die nur ein Kohlenstoffatom enthalten. Diese Stoffwechselwege stellen C1-Zwischenprodukte in verschiedenen Oxidationsstufen zur Verfügung, die für eine Reihe von biochemischen Prozessen benötigt werden.

Methanogene Archaen und methylotrophe Bakterien repräsentieren zwei grundverschiedene große Gruppen von Organismen. Die methanogenen Archaen gehören zu den strikten Anaerobiern, die durch Sauerstoff getötet werden. Sie leben in Sümpfen und Sedimenten, wo andere Mikroorganismen bereits allen Sauerstoff verbraucht haben. Ihre Energie gewinnen sie, indem sie mit Wasserstoff Kohlendioxid zu Methan reduzieren. Methylotrophe Bakterien dagegen sind aerob, also sauerstoffabhängige Mikroorganismen. Sie gehören zur Gruppe der Bakterien und veratmen Methanol, einfache methylierte Verbindungen oder Methan unter Bildung von Kohlendioxid.

Bisher gingen die Forscher davon aus, daß der Stoffwechsel von Archaen und methylotrophen Bakterien, in dem in beiden Fällen C1-Verbindungen eine zentrale Rolle spielen, völlig verschieden ist.

Nun wurde von Wissenschaftlern der University of Washington, Seattle, und des Max-Plack-Instituts für Terrestrische Mikrobiologie in Marburg gezeigt, daß der zentrale C1-Stoffwechsel der methylotrophen Bakterien Gene, Enzyme und Co-Enzyme enthält, die eine nicht vermutete Eigenschaft besitzen: Sie sind zu einem hohen Grade identisch mit denjenigen, die in den Methansyntheseweg einbezogen sind. Diese Erkenntnis läßt nicht nur Rückschlüsse auf die Stoffwechsel der zwei untersuchten Gruppen von Organismen zu. Nach Meinung der Wissenschaftler müssen sie in das Verständnis der Entwicklung des C1-Stoffwechsels aller Lebewesen einbezogen werden. Die Gene, die die betreffenden Enzyme codieren, sind entweder seit dem letzten gemeinsamen Vorfahren – vielleicht vor mehr als drei Milliarden Jahren – erhalten geblieben, oder sie wurden zwischen späteren Vorfahren horizontal ausgetauscht.

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