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B.1.620: Problematische Coronavirus-Variante gelangte unbemerkt nach Europa

In manchen Ländern wird akribisch nach Mutanten gesucht, in anderen nicht. Das hatte zur Folge, dass sich eine Variante nun unter dem Radar in Europa verbreitete.
Reisende am Flughafen von Rom

Eine neue und möglicherweise problematische Coronavirus-Variante ist weitgehend unbemerkt in Europa aufgetaucht. Vermutlich haben mehrere Reisende das mutierte Virus von Zentralafrika nach Europa gebracht. Laut Analysen des viralen Erbguts ist die Variante inzwischen in mindestens einem Dutzend Länder verbreitet.

Das berichtet jetzt ein Expertenteam um Gytis Dudas vom Gothenburg Global Biodiversity Centre in Schweden in einem Fachbeitrag auf der Plattform medrXiv. Die Studie wurde bislang noch nicht von Fachkollegen begutachtet.

Die Variante mit der Bezeichnung B.1.620 trägt eine Kombination bekannter Mutationen, darunter solche, die die Übertragbarkeit erhöhen. Andere Erbgutveränderungen erleichtern es dem Virus wahrscheinlich, der Immunantwort zu entgehen.

Die Variante wurde erstmals im April in Proben von Sars-CoV-2 aus Litauen entdeckt. Daraufhin machten sich Dudas mit Kolleginnen und Kollegen in Proben aus der ganzen Welt gezielt auf die Suche nach dem Ursprung des mutierten Erregers. Es zeigte sich, dass B.1.620 im Februar plötzlich in europäischen Proben aufgetaucht war. Sie ist nun in Frankreich, Belgien und weiteren Ländern vorhanden. Laut Daten des Robert Koch-Instituts wurde sie in zwei Wochen im April auch in Deutschland gefunden, in der letzten Aprilwoche dagegen nicht. Neuere Daten sind noch nicht veröffentlicht.

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Die Forscher fanden die neue Variante auch bei Coronaviren von sechs Personen, die in der Zentralafrikanischen Republik nahe der Grenze zu Kamerun leben. Außerdem tauchte sie bei sieben Infizierten in Europa auf, die kürzlich aus Kamerun zurückgekehrt waren.

Diese Daten deuten darauf hin, dass B.1.620 wahrscheinlich in Zentralafrika entstanden ist und durch Reisende vor Kurzem mehrfach nach Europa eingeschleppt wurde. Die Ergebnisse legen auch nahe, dass die Variante in Zentralafrika weit verbreitet ist, dort aber unentdeckt blieb, weil Virusproben in dem afrikanischen Land nur selten sequenziert werden. Die Studie von Dudas und Team macht deutlich, dass solche regionalen Unterschiede in der Überwachung riskant sind: Sie ermöglichen mutierten Erregern eine unbeobachtete Ausbreitung.

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