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News: Baby hört mit

Hard Rock oder Pop, Country, Oldies oder doch lieber Klassik? Frauen sollten durchaus darauf achten, welche Art von Musik sie sich während der Schwangerschaft zu Gemüte führen, denn das ungeborene Baby hört mit. Ärzte aus Großbritannien konnten nun zum ersten Mal direkt beobachten, daß Föten im Mutterleib auf akustische Stimulation von außen reagieren. Eine neue Methode zur Messung der Gehirnaktivitäten von Ungeborenen machte es möglich.
Wollten Ärzte bisher die Entwicklung eines Kindes im Mutterleib mitverfolgen, so ging das nur indirekt, indem sie auf Bewegungen als Antwort auf einen Reiz achteten und die Herzfrequenz des Fötus überwachten. In Großbritannien wandten Forscher nun erstmals die Methode der funktionalen Kernspinresonanztomographie an, um Hirnaktivitäten bei Ungeborenen direkt zu messen. Bei diesem schonenden Diagnoseverfahren, das bereits erfolgreich bei Erwachsenen eingesetzt wird, um Hirnaktivitäten zu messen und krankhafte Veränderungen an inneren Organen festzustellen, wird mit Hilfe eines Magnetfeldes und schwacher Röntgenstrahlen per Computer ein Ganzkörperbild des Patienten erstellt.

Um herauszufinden, ob dieses Verfahren auch bei Neugeborenen im Mutterleib Ergebnisse liefert, führten Wissenschaftler von der Nottingham University eine Studie mit vier Frauen durch, die offensichtlich eine normal verlaufende Schwangerschaft hatten. Zunächst mußten die Schwangeren einen Kinderreim auf Tonband sprechen. Diese Aufnahme spielten die Forscher insgesamt 18 mal dicht am Unterleib der Mütter ab und zwar immer in einem ganz bestimmten Rhythmus: 15 Sekunden akustischer Reiz, 15 Sekunden Stille. Währenddessen wurden die Frauen und damit gleichzeitig auch die Föten mit der Kernspintomographie untersucht. Dabei zeigt sich, daß zwei von drei Ungeborenen mit einer erhöhten Gehirnaktivität auf den Kinderreim reagierten (The Lancet vom 21. August 1999, Abstract).

Doch das soll erst der Anfang sein. Durch die funktionale Kernspinresonanztomographie erhoffen sich Ärzte, nicht nur die Entwicklung des Gehirns bei Ungeborenen besser studieren zu können, sondern sie wollten zudem untersuchen, ob und wie Babys bereits im Mutterleib bestimmtes Verhalten entwickeln. Zum Beispiel ob ein Baby, das einmal auf eine bestimmte Melodie anspricht, diese Reaktion auch nach einer Woche noch zeigt.

Schließlich möchten die Wissenschaftler jedoch erforschen, was bei Schwangerschaften passiert, die nicht normal verlaufen. Zwar ist das Gehirn in der Regel bei Komplikationen relativ gut geschützt, entwickelt sich normal und lediglich der Körper ist betroffen. Doch in schlimmen Fällen, zum Beispiel bei 60 bis 90 Prozent aller Kindern die mit cerebraler Lähmung zur Welt kommen, ist das Gehirn auch in Mitleidenschaft gezogen. Wissenschaftler interessieren sich nun dafür, wie die Hirnfunktionen – anatomisch und funktional – sich in diesem Fall verändern. Neben dem medizinischen Aspekt einer derartigen Früherkennung gibt es aber auch einen juristischen Nutzen. Denn das neue Diagnoseverfahren könnte in Zukunft solche Fälle bei Gericht entscheiden, in welchen strittig ist, ob das Krankenhauspersonal durch einen Fehler bei der Entbindung die Lähmung eines Neugeborenen verursacht hat, oder ob sich die Lähmung schon im Mutterleib entwickelt hat.

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