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News: Back-Up im Ökosystem

Viele Ökologen haben darauf hingewiesen, daß der beste Weg zur Bewahrung der Ökosysteme darin liegt, die „funktionale Diversität” zu schützen. Diese Vielfalt würde jene Arten bewahren, denen unterschiedliche ökologische Rollen zukommen. Nunmehr gibt es erste überzeugende Beweise, daß Umweltschützer an diesem Punkt nicht haltmachen sollten. Sie sollten vielmehr den Schutz mehrerer verschiedener Arten innerhalb der funktionalen Gruppen anstreben. In der Ausgabe von Nature vom 4. Dezember 1997 berichten Wissenschaftler, daß im Labor erzeugte Ökosysteme von Mikroben weitaus widerstandsfähiger sind, wenn möglichst eine funktionale Rolle von vielen Arten übernommen wird.
Um den Einfluß der Artenvielfalt auf die Produktivität eines Ökosystems zu untersuchen, haben die Mikrobiologen Shahid Naeem und Shibin Li von der University of Minnesota, Twin Cities, 318 mikrobiologische Mikrokosmen erzeugt – von Bakterien und Algen bewohnte künstliche Ökosysteme. Die Organismen gehörten jeweils zu einer von bis zu fünf funktionalen Gruppen, konnten also zum Beispiel den Räubern zugeordnet werden, oder sie ernährten sich auf der Grundlage von Zersetzung oder Photosynthese. Nach 57 Tagen fanden die Wissenschaftler heraus, daß jene Mikrokosmen, in denen jede funktionale Gruppe von vielen verschiedenen Arten gebildet wurde, sich gleichmäßiger und leichter vorhersagbar entwickelten.

Diese Verläßlichkeit, so die Forscher, geht auf sog. „back-up”-Arten zurück, die immer dann einsprangen, wenn Arten mit einer ähnlichen Funktionalität ausstarben, sei es durch Konkurrenz oder negative Umwelteinflüsse wie verringerten Lichteinfall. Naeem bemerkt hierzu: „Es scheint so, als ob die Existenz funktional ähnlicher Arten gewissermaßen eine Versicherungpolice darstellt, die helfen kann, [ein Ökosystem] in Zeiten des Wandels zu stabilisieren.” Er legt außerdem nahe, daß auch „redundante” Arten geschützt werden sollten, da jede verlorene Art die Verläßlichkeit des Ökosystems mindert, jene Waren und Dienstleistungen zu liefern, die den Menschen wichtig sind.

Die Ergebnisse sind „inspirierend” und haben „offensichtliche Konsequenzen für die gegenwärtige Kontroverse über den Wert von Biodiversität”, sagt Ilkka Hanski von der Universität Helsinki in Finnland. Doch sowohl sie als auch Naeem geben zu bedenken, daß die Erkenntnisse nicht direkt auf komplexere, natürliche Ökosysteme anzuwenden sind. Dennoch, so Naeem, „können diese einfachen Experimente erstaunlich aufschlußreich sein.”

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