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News: Bakterielle Brennstoffzellen

Energie aus Abwasser erzeugen und dieses dabei gleichzeitig reinigen - das scheint ein geniales System zu sein. Wissenschaftler sind diesem Ziel einen Schritt näher gekommen. Sie haben ein neues System entwickelt, in dem Metall-reduzierende Bakterien als Energiequelle Lactat (Milchsäure) verwenden und dabei frei verfügbare Energie in Form von Elektronen in eine Brennstoffzelle abgeben.
Grundlage der mikrobiellen Brennstoffzellen ist der physiologische Prozeß der Atmung. Lebewesen gewinnen ihre Energie aus der Oxidation energiereicher Verbindungen der Nahrung, an der eine Vielfalt von enzymatisch katalysierten Reaktionen und schrittweisen Oxidations-Reduktionsprozessen beteiligt sind. Der Prozeß gilt als ein Beispiel für eine "kalte Verbrennung". Die meisten Lebewesen verwenden Sauerstoff zur Atmung, aber einige spezielle Mikroorganismen, die unter bestimmten Umweltbedingungen leben, können statt Sauerstoff auch andere terminale Elektronenakzeptoren veratmen, wie zum Beispiel Nitrat, Sulfat oder Metallionen.

Metall-reduzierende Bakterien besitzen einen speziellen Weg des Elektronentransports, der wasserunlösliche Metallionen (die derart groß sind, daß sie nicht in die Zelle eindringen können) als terminalen Elektronenakzeptor nutzt. Aber wie übertragen die Metall-reduzierenden Bakterien die Elektronen aus der Zelle auf die Metallionen außerhalb der Zelle? Bei diesen Bakterien ist im Gegensatz zu anderen Bakterienarten das Elektronentransport-Protein auf der Außenseite der Bakterien-Zellmembran lokalisiert. Durch dieses Protein können die Elektronen von der Zelle auf die Metallionen übertragen werden. Das Protein konnte in verschiedenen Experimenten auf der Außenseite der Zellmembran bei Shiwenella putrefaciens IR-1 nachgewiesen werden.

Bakterielle Brennstoffzellen sind nicht neu. Die bisher entwickelten verwendeten jedoch "gewöhnliche" Bakterien, die Elektronentransport-Proteine besitzen, als Katalysator. Daher mußten wasserlösliche Mediatoren (Shuttle-Verbindungen) zu diesen Systemen zugegeben werden. Die Mediatoren dringen in die Zellen ein, nehmen dort ein Elektron auf (das aus der Oxidation der energiereichen Verbindung stammt), verlassen die Zelle wieder, geben das Elektron an die Elektrode der Brennstoffzelle ab und werden dadurch selber wieder oxidiert und recycelt. Danach kann der Vorgang wieder von vorne beginnen. Die Elektronen fließen vom Pol der Brennstoffzelle in den äußeren Stromkreislauf und verrichten ihre Arbeit.

Das Ziel der Wissenschaftler ist, "Mediator-freie mikrobielle Brennstoffzellen" als System zur Erzeugung von elektrischer Energie unter Nutzung organischer Verbindungen in Abwässern als Energiequelle (Elektronenlieferant) zu entwickeln. Dadurch kann elektrische Energie erzeugt und das Abwasser gleichzeitig von Verunreinigungen befreit. Wissenschaftler des Water Environmental Research Center des Korea Institute of Science and Technology konnten in einer Versuchsanordnung eine maximale Spannung von ca. 0,6 Volt erzielen, die jedoch durch Reihenschaltung mehrerer solcher Elemente noch erhöht werden kann. Diese mikrobielle Brennstoffzelle nutzt Lactat als Energiequelle, das geeignet für Metall-reduzierende Bakterien wie Shiwenella putrifaciens IR-1 ist. Die Wissenschaftler vermerken jedoch, daß es für industrielle Anwendungen wichtig sei, Bakterien zu finden, die ein breites Substratspektrum nutzen können. Zum Beispiel Arten, die Proteine und Kohlenhydrate aus Abwässern verwerten. Für das Experiment trennten sie die Metall-reduzierenden Arten mit breitem Substratspektrum voneinander.

"Mediator-freie mikrobielle Brennstoffzellen" haben einige Vorteile gegenüber Mediator-verwendenden Systemen: Zum einen ist die Elektronenausbeute höher, zum anderen ist die Brennstoffzelle wesentlich kostengünstiger und umweltfreundlicher, weil kein Mediator bezahlt werden muß und die Umwelt nicht verunreinigt werden kann (als Mediator werden phenolische Verbindungen eingesetzt).

Mit diesem System kann durch die natürlichen Eigenschaften von Metall-reduzierenden Bakterien elektrische Energie aus den energiereichen organischen Verbindungen von Abwässern gewonnen werden.

Siehe auch

  • Spektrum der Wissenschaft 7/95, Seite 88
    "Die Brennstoffzelle – ein wiederentdecktes Prinzip der Stromerzeugung"

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