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Parasitologie: Bakterium ist Kraftwerk des Flussblindheit-Erregers

Adulte <em>Onchocerca-volvulus</em>-Fadenwürmer.

Von der Flussblindheit sind derzeit 37 Millionen Menschen betroffen, vorwiegend in den tropischen Gebieten Afrikas. Mit Antibiotika kann man die Krankheit aber behandeln, obwohl diese ja nur gegen Bakterien, nicht aber gegen vielzellige Würmer wirken sollten. Der Erreger, der Fadenwurm aus der Familie der Onchocaercidae, ist aber von Bakterien abhängig, die in seinen Zellen leben – sterben sie, stirbt auch das Jugendstadium der Würmer, und die geschlechtsreifen Individuen können sich nicht mehr vermehren. Nun haben Forscher herausgefunden, warum der Nematode ohne das Bakterium nicht leben kann: Es liefert seinem Symbionten Energie und verwirrt außerdem das Immunsystem des Wirts, den der Fadenwurm befallen hat.

Zu diesem Ergebnis kamen Forscher des Institute of Infection and Global Health an der University of Liverpool. Sie stellten fest, dass das symbiontische Bakterium der Gattung Wolbachia seinem Symbionten den Energieträger ATP zur Verfügung stellt. Dafür braucht es Eisen und Sauerstoff: Es produziert Energie auf ähnliche Art und Weise wie die Mitochondrien – oder "Kraftwerke" – tierischer Zellen. Der Nematode scheint die Energieproduktion regelrecht von den Mitochondrien seiner Zelle auf den bakteriellen Symbionten zu verlagern.

Ohne das Wolbachia-Bakterium wäre der Wurm zudem angreifbar, so die Forscher weiter: Der nützliche Untermieter des Nematoden sorgt dafür, dass dessen Wirt – der infizierte Mensch beziehungsweise sein Immunsystem – ein Schutzschild aus bestimmten weißen Blutkörperchen, den Neutrophilen, um den Eindringling baut. Das Immunsystem kann ihn nun nicht mehr als Fremdkörper erkennen und verbucht die Störung falsch als bakterielle Infektion. So kann der Parasit relativ ungestört länger als zehn Jahre im menschlichen Gewebe überleben.

Der Erreger der Flussblindheit wird von Kriebelmücken (Simuliidae) übertragen. Er nistet sich im Bindegewebe ein, kann aber auch in die Augen wandern. Infizierte leiden unter starkem Juckreiz, gegebenenfalls nimmt ihre Sehfähigkeit ab – in den schlimmsten Fällen erblinden sie irreversibel. Die Sequenzierung des Wolbachia-Genoms soll es nun ermöglichen, die Krankheit schneller zu behandeln.

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