Basilius Valentinus: Der berühmteste Alchemist, den es nie gab

Fast dreihundert Jahre lang – vom Anfang des 17. bis zum Ende des 19. Jahrhunderts – geisterte ein Phantom durch die Bibliotheken und Laboratorien der Alchemisten: ein Mönch, der in aller Stille ein umfangreiches Wissen in Alchemie angehäuft hatte, dem dank göttlicher Gnade sogar das Geheimnis der Herstellung des »Steins der Weisen« zuteil wurde und der schließlich sein höchst beachtliches Wissen in einer Reihe von Schriften festhielt. Keiner, der sich ernsthaft für die Kunst der Stoffverwandlung interessierte, kam um das Studium seiner Werke herum.
Niemand erfuhr allerdings auch wesentlich mehr über ihn als seinen Namen und ein paar biografische Eckdaten: Aus verstreuten Angaben in den Schriften ergab sich, dass »Basilius Valentinus«, so der Autor der teils schwer verständlichen Werke, als Benediktinermönch im 14. oder 15. Jahrhundert auf dem Petersberg in Erfurt gelebt habe. Außerhalb seiner Schriften trat er nirgends in Erscheinung. Ja, das Phantom der Alchemie schien ganz und gar von der Geschichte verschluckt worden zu sein.
Erst mehr als ein Jahrhundert später war sein Geist zu neuem Leben erweckt worden, standesgemäß durch einen Blitzschlag in sturmumtoster Nacht: Der alte Mönch, dem seine Erkenntnisse angeblich zu brisant geworden waren, hatte alle Manuskripte in den Hochaltar seiner Klosterkirche eingemauert, wo er sie für immer verborgen wähnte. Besagter Blitz aber schlug in die Kirche ein und beschädigte den Altar. Bei seiner Reparatur kamen die alten Papiere des Basilius Valentinus wieder zum Vorschein.
War es Schicksal? Eine göttliche Fügung? Jedenfalls reihte sich noch ein zweiter Zufall an jenes fulminante Ereignis: Das weit über hundert Jahre lang »eingelagerte« Wissen fiel ausgerechnet einem Mann in den Schoß, der seine Bedeutung erkannte und es zum Wohle der Allgemeinheit umgehend publizierte: einem gewissen Johann Thölde aus der Stadt Frankenhausen am Kyffhäuser, dortiger Ratskämmerer und Anteilseigner einer Saline – und überdies ein kenntnisreicher Freund der Alchemie. Als er ab 1599 die Schriften des Mönchs mit dem bedeutsam klingenden Namen publizierte, erregte er damit sogleich ungeheures Aufsehen.
Ausgerechnet »Basilius Valentinus«?
Ein Mönch, der sich den Namen »mächtiger König« gibt? Allein die Übersetzung des Namens Basilius Valentinus hätte bei Thöldes Lesern eigentlich Argwohn erregen müssen. Tat es aber nicht.
Im Gegenteil. Basilius Valentinus wurde zu einer Zentralfigur der europäischen Alchemie. Erst mit wachsender Bekanntheit des Werkes häuften sich die Fragen. Wieso hinterließ der Urheber keinerlei weitere Spuren? Wieso hatte er seine Niederschriften überhaupt geheim halten und obendrein noch einmauern wollen? Offiziell verbot die Kirche die Beschäftigung mit Alchemie zwar, tolerierte sie aber zumeist. Und seine Erkenntnisse hätten ja zum Wohle des Klosters und der Kranken verwendet werden können, denn der »Stein der Weisen« war auch ein Universalheilmittel. Hatte es überhaupt ein Gewitter gegeben, bei dem der Kirchenaltar zerbrach? Wieso und wie war ausgerechnet der Ratskämmerer Thölde im über 40 Kilometer nördlich gelegenen Frankenhausen in den Besitz der geheimen Texte gelangt? Alles in allem klang die Geschichte doch sehr unglaubwürdig. Hand aufs Herz: Hatte es diesen Basilius Valentinus überhaupt gegeben?
Nicht wenige waren davon überzeugt. Der französische Historiker Nicole Lenglet du Fresnoy (1674–1755) gibt 1742 in seiner »Geschichte der hermetischen Philosophie« (womit die Alchemie gemeint ist) an, Basilius sei 1414 gestorben, einen Beleg dafür bleibt er allerdings schuldig. Auch die berühmten Alchemisten Andreas Libavius (nach 1555–1616) und Johann Baptist van Helmont (1580–1644) zweifelten nicht an der Existenz des Mönchs. Van Helmont beschuldigte sogar den großen Erneuerer der mittelalterlichen Alchemie, Theophrastus Bombastus von Hohenheim (1493/94–1541), der sich selbst »Paracelsus« nannte, Teile seiner Lehren bei Basilius Valentinus abgeschrieben zu haben. Parallelen in den beiden Werken sind in der Tat vorhanden.
Der angesehene Literaturhistoriker Daniel Morhof (1639–91) behauptete 1673, Kaiser Maximilian I. habe bereits im Jahr 1515 nach Hinterlassenschaften von Basilius Valentinus suchen lassen – also lange bevor die Schriften des Alchemisten publik wurden. Diese komplett aus der Luft gegriffene Legende landete schließlich auch in der 1832 erschienenen »Geschichte der Alchemie« von Karl Christoph Schmieder (1778–1850). Der scharfzüngige Gegner der Alchemie Johann Christian Wiegleb (1732–1800), vertrat 1777 in seiner »Historisch-kritischen Untersuchung der Alchemie oder der eingebildeten Goldmacherkunst« ebenfalls die Ansicht, Paracelsus habe auf seinen vielen Reisen Basilius-Manuskripte gefunden und ausgewertet – ebenfalls ohne dies irgendwie beweisen zu können.
Verräterisches Wissen
Immerhin wurden auch Zweifel laut. Der deutsche Jurist, Bibliothekar und Schriftsteller Vincentius Placcius (1642–1699) vermutete schon 1674, diesen Basilius habe es nie gegeben und der Herausgeber seiner Schriften, Johann Thölde, sei in Wirklichkeit auch deren Verfasser. In der Folgezeit wurde diese Ansicht auch von dem Begründer der deutschen Alchemiegeschichte Hermann Kopp (1817–92) und dem Paracelsus-Experten Karl Sudhoff (1853–1938) vertreten. Und sie wird heute allgemein geteilt.
Letztlich wurde der Streit durch die Werke von Basilius selbst entschieden. Der Autor kennt Amerika, er bezeichnet die Syphilis als »Franzosenkrankheit«, obwohl dieser Ausdruck erst um 1500 aufkam, er kennt den Buchdruck mittels beweglicher Metalllettern und erwähnt den Tabak, der in Europa erst 1560 durch Jean Nicot bekannt wurde. Daher kann es keinen Verfasser dieses Namens gegeben haben, der schon im 14. oder 15. Jahrhundert lebte. Es liegt daher nahe, als wahren Autor Johann Thölde zu vermuten.
Die Nachrichten zu Thölde sind spärlich. Er stammte aus einer Familie, die über Generationen mit dem thüringischen Salinenwesen verbunden war. Sein Geburtsjahr ist nicht bekannt; er ist 1580 als Student in Erfurt nachweisbar, heiratete 1599 die Tochter des Frankenhausener Stadtkämmerers Ludelupf, erwarb das Bürgerrecht, wurde »Pfannenherr«, also Anteilseigner, der dortigen Saline und folgte seinem Schwiegervater im Amt des Kämmerers. Um 1608 wurde er Berghauptmann, das heißt oberster Bergbeamter des Fürstbistums Bamberg mit Sitz in Kronach. Er scheint dieses Amt aber nicht lange ausgeübt zu haben, da sich nur für das Jahr 1608 archivalische Belege für Thöldes Tätigkeit als Berghauptmann finden lassen. Auch über sein Ende wissen wir nichts, außer dass er vermutlich 1624 starb.
Von Thölde wurden vier Werke als von Basilius stammend herausgegeben, alle in der Zeit von 1599 bis 1604. Sie enthielten eine Fülle neuer Erkenntnisse und Rezepturen für die Bereitung neuer (al)chemischer Verbindungen. Sie wurden deshalb mehrfach aufgelegt und mit Zusätzen versehen. Daneben kamen auch vielerlei Schriften zum Vorschein, deren Autoren sich des Namens »Basilius Valentinus« bedienten, um ihre eigenen, sämtlich irrelevanten, Texte zu veröffentlichen. 1694 erschien erstmals eine Gesamtausgabe der von Thölde edierten Texte in einem Band, bis 1740, nach drei weiteren Auflagen, die fünfte und letzte Ausgabe publiziert wurde.
Thölde demonstriert ebenfalls Sachkunde
Auch unter eigenem Namen trat Thölde als Autor hervor: mit einer umfassenden Beschreibung aller deutschen Salinen, die unter dem Titel »Hali(o)graphia« erstmals 1603 und erneut 1612 publiziert wurde. Ferner kennen wir von ihm ein nur als Manuskript vorhandenes »Proces-Buch«, das er 1594 für Landgraf Moritz von Hessen-Kassel verfasste und das als Vorlage für spätere Basilius-Schriften gedient zu haben scheint. Jedenfalls gibt es darin bemerkenswerte textliche Übereinstimmungen mit den später erschienenen Basilius-Schriften. Lange Zeit unbekannt blieb sein kleines Werk »Examen […] des weitbeschrienen Brunnens […] der Dannenbron genandt« von 1608, durch das seine Tätigkeit als Bambergischer Berghauptmann überhaupt erst bekannt wurde.
Irritierend ist der Umstand, dass die von Thölde edierten beziehungsweise mutmaßlich verfassten Basilius-Texte von zwei sehr unterschiedlichen Autoren zu stammen scheinen. Neben mystisch-theosophischen, kaum verständlichen Passagen in Werken wie »Von der heimlichen Wundergeburt der sieben Planeten und Metallen« stehen klar formulierte laborpraktische Texte. Damit nicht genug, kommen in seinem Hauptwerk »Triumphwagen Antimonii« beide Schreibarten gemeinsam vor: Der erste Teil ist rätselhaft und dunkel, während der zweite Teil nüchtern-laborpraktisch abgefasst ist.
Für einen Menschen am Ende des 16. Jahrhunderts schloss das eine das andere nicht aus. Man sah die Welt als Ganzes, als göttliche Schöpfung mit allen – auch in sich widersprüchlichen – Aspekten. Die Werke von Paracelsus zeigen die gleiche merkwürdige Doppelnatur.
Prägend für die Laborpraxis
Denn schließlich besitzt auch die Alchemie selbst zwei Seiten, eine chemisch-praktische und eine religiös-mystische. Vermutlich betrachtete Thölde den ersten Teil des »Triumphwagens« als notwendige innere Vorbereitung für den zweiten Teil. Wir betrachten die Alchemie heute oft als eine Art frühe Naturforschung vor der Entstehung der Chemie. Dieser Reduktion des geistigen Gehalts und des Wesens der Alchemie auf ihren praktischen Aspekt hätte jeder Alchemist widersprochen.
So unverständlich uns Thöldes mystisch-theosophische Seite bleibt, eines waren diese Passagen sicher nicht: ein Trick, um das Fehlen echten Inhalts zu kaschieren. Thölde war kein Scharlatan, dem daran gelegen war, mit seiner Erfindung eines rätselhaften Mönchs Kasse zu machen. Das zeigt der praktisch-chemische Teil des Basilius-Werks. Die darin niedergeschriebenen Anleitungen wirkten prägend auf die alchemische Laborpraxis der folgenden Jahrhunderte. Vor allem diesem Umstand – und weniger der abenteuerlichen Legende um seine Entstehung – verdankte »Basilius Valentinus« seine Prominenz.
Basilius stellt Knallgold und Ethylester her
So beschreibt er beispielsweise erstmals die Verwendung einer Retorte, also eines langhalsigen Gefäßes zur Destillation, das Basilius/Thölde mit einer verschließbaren Öffnung versah. Dank dieser »tubulierten Retorte« konnte er während der Destillation Flüssigkeiten nachfüllen, was ein wesentlich sichereres und kontinuierlicheres Arbeiten erlaubte.
Seine Fähigkeiten beweist er auch bei der Synthese sehr explosiver und instabiler Stoffe, die die Beherrschung recht subtiler Labormethoden voraussetzen. So lehrte er als Erster die Bereitung des Knallgolds (Aurum fulminans). Wie der Name schon sagt, handelt es sich dabei um eine hochexplosive chemische Verbindung des Goldes, deren Darstellung auch nach heutigen Maßstäben experimentelles Geschick und Erfahrung verlangt und nicht ungefährlich ist.
Basilius Valentinus hat die Salzsäure (HCl) zwar nicht entdeckt – sie wurde erstmals 1597 von Andreas Libavius in dessen »Alchemia« beschrieben – doch Thölde erweist sich als wohlvertraut mit dieser erst kurz vorher bekannt gewordenen neuen Säure. Dies beweist eine Synthese, die wohl tatsächlich zum ersten Mal durch ihn beschrieben worden ist, nämlich die des Ethylchlorids aus Ethanol und Salzsäure, die er aus Kochsalz und Schwefelsäure zu erzeugen wusste. Reines Ethylchlorid ist eine klare, farblose, sehr leicht flüchtige Flüssigkeit, die mit Luft explosive Gemische bildet. Auch wenn er kein reines Ethylchlorid erhalten haben dürfte, unterstreicht es seine experimentellen Fähigkeiten, dass er diese Reaktion anscheinend ohne explosive Zwischenfälle durchführen konnte.
Gefährliche Goldexplosion
Basilius' Vorschrift zur Erzeugung von Knallgold, auch Aurum fulminans genannt, liest sich so:
»Nimm [...] ein Pfund gut stark Scheidewasser und solvirest [löse] darinnen acht Loth Salmiac [120 Gramm], so bekommest du ein stark Aquam Regis, destillire und rectificire es so oft durch den Helm, biß keine Feces [unlösliche Rückstände] mehr im Grund bleiben, sondern gantz rein und durchsichtig übersteiget: Alsdenn nimm feine dünn geschlagene Gold-Rollen, so zuvor durch das Antimonium gegossen worden [das heißt, mit Antimonsulfid gereinigt wurden] thue sie in einen Kolben, geuß das Aqua Regis darauf, und laß es solviren, soviel als du Gold darinnen auflösen kannst, wann es das Gold alles solvirt hat, so geuß ein wenig Oleum Tartari [Weinsteinöl, konzentrierte Lösung von Kaliumcarbonat] darein, oder Sal Tartari in ein wenig Brunnenwasser aufgelöst, und darein gegossen, thut eben dasselbige, so wird es anfahen und sehr brausen [Entwicklung von CO2], wann es verbrauset hat, so geuß wiederum des Oels darein, und thue das so oft, biß das aufgelöste Gold aus dem Wasser alles zu Boden gefallen, und sich nichts mehr nieder schlagen will, sondern das Aqua Regis gantz hell und lauter wird. Wann das geschehen, so geuß das Aqua Regis ab, von dem Gold-Kalck, und süsse ihn mit gemeinem Wasser zu 8. 10. oder 12. Mahlen zum allerbesten ab, darnach, wann sich der Gold-Kalck wohl gesetztet hat, so geuß das Wasser davon, und trockne den Gold-Kalck in der Luft, da keine Sonnen hinscheinet, und ja nicht über dem Feuer, dann so bald dieses Pulver eine sehr geringe Hitze oder Wärme empfindet, zündet sich solches an, und thut mercklichen grossen Schaden, dann so würde flüchtig davon gehen, mit grosser Gewalt und Macht, das ihm kein Mensch würde steuren können. So nun dieses Pulver auch fertig, so nimm einen starcken destillirten Eßig, geuß ihn darauf, und seud es stets über dem Feuer in einer guten Quantität Eßig und immer umgerührt, daß sich am Boden nicht ansetzen kann, vier und zwantzig Stunden an einander, so wird ihme das Schlagen wieder benommen ...«
Bei der zitierten Prozedur laufen folgende chemische Reaktionen ab: Aus Salpetersäure und Ammoniumchlorid wird ein ammoniakhaltiges Königswasser erzeugt, das in der Lage ist, Gold zu lösen. Bei der Neutralisierung dieser Lösung mittels Kaliumcarbonat entstehen sehr instabile Goldamminokomplexe von komplizierter und uneinheitlicher Zusammensetzung, hauptsächlich Goldamminooxid (Au2O3 • 3 NH3 oder Au2[NH3]3O2). Durch Erwärmen mit Essigsäure bilden sich daraus ungefährliche Goldacetate. Die Vorschrift enthält allerdings eine merkwürdige Angabe, weil Basilius verlangt, das Königswasser mehrfach zu destillieren. Das kann nicht funktionieren, da sich Königswasser nicht destillieren lässt, sondern schon bei Raumtemperatur langsam zu Chlor, Nitrosylchlorid (NOCl) und nitrosen Gasen (NxOy) zerfällt. Wendet man das Königswasser sofort und ohne Erwärmung an, stimmt die Rezeptur jedoch.
Im Mittelpunkt steht Antimon
Im Zentrum seines Interesses stand allerdings eine ganz andere Substanz: das Antimon und seine Verbindungen. Wobei er in der Regel nicht das metallische Antimon meint, sondern das Antimon-III-sulfid (Sb2S3), das er auch als Grauspießglanz, Spießglanz oder Spießglas bezeichnet, obwohl letzteres eigentlich der Trivialname des Oxids (Sb2O3) ist.
Wie sehr ihn dieses »Antimon« beeindruckt, zeigt das folgende Zitat: »Gleichwie einem Bau-Meister schwerlich fürfället [schwerfällt] den Circkel gar auszulernen, sintemal ihm der Architectus Jehovah viel Kunst vorbehalten; Also ist das Spieß-Glas auch schwerlich mit allen Heimlichkeiten gar auszuforschen, dann seine Tugend ist wunderbarlich, und seine Krafft mächtig …«
Macht und Tugend zeigten sich für die Alchemisten vor allem in der reinigenden Kraft des Elements: Mithilfe von Antimon ließ sich Gold von allerhand Verunreinigungen befreien. Der »Wolf der Metalle«, wie es auch genannt wurde, schien das Kupfer, Silber oder Eisen aus dem Goldamalgam förmlich wegzufressen. Auch in der Medizin kamen Antimonverbindungen zum Einsatz, auch hier reinigte das Element: Ein Schluck von Wein, der über Nacht in einem Antimonbecher gestanden hatte, ruft augenblickliches Erbrechen hervor. Zudem verband das Antimon die Eigenschaften eines Metalls, wie Glanz und Schwere, mit der Sprödigkeit eines Nichtmetalls, was für die Alchemisten interessant war, da sie stets nach der »Vereinigung der Gegensätze«, also der Kombination gegensätzlicher Eigenschaften zu einem Ganzen, strebten.
Seinen königlichen Charakter stellte es unter Beweis es, wenn man es in elementarer Form als metallisches Antimon darstellte, was bei Basilius zum ersten Mal beschrieben ist. Zunächst oxidierte er Spießglanz mittels Kalisalpeter und reduzierte anschließend das Oxid zum silberglänzenden, spröden »Regulus«. Erfolgte die Reduktion mit Eisenpulver erhielt er das Halbmetall als besonders schönen »Signatstern«.
Ein genialer Kunstgriff
Thöldes Idee, das Phantom eines längst verstorbenen Mönchs zu erschaffen, war geradezu genial. Es gibt nichts Faszinierenderes als einen Mythos. Im Denken der Zeit war es außerdem – anders als heute – üblich, den Vorfahren einen höheren Grad von Weisheit, Einsicht und Wissen zuzuschreiben. Je weiter man in der Vergangenheit zurückging, desto weiser die Menschen, immerhin lebten diese ja auch umso näher am ursprünglichen »Goldenen Zeitalter«. Dazu kommt noch die dramatische Auffindungsgeschichte. Ein perfektes mediales Gesamtpaket.
Das alles hätte aber wahrscheinlich nicht gereicht, um Basilius zu solcher Popularität zu verhelfen. Es waren seine (al)chemischen Kenntnisse, die Generationen von Alchemisten beeinflussten, unter ihnen an erster Stelle die Anhänger von Paracelsus. Es gibt bemerkenswerte Parallelen in den Werken beider, die eine enge Verwandtschaft im Denken von Paracelsus und Johann Thölde belegen. Paracelsus trat zeitlebens mit großem Aplomb auf und liebte es geradezu, skandalumwittert zu sein; Thölde hingegen trat völlig hinter seinem Werk zurück und wurde gerade dadurch zu einem der einflussreichsten Alchemisten der Renaissance.
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