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E-Auto-Batterien: Geht uns das Lithium aus?

Für die ambitionierten Elektroautopläne fehlt es uns bald an Lithium, warnt ein internationales Forscherteam. Andere Fachleute entgegnen: Ganz so dramatisch ist es nicht.
Nahaufnahme einer Batterieeinheit mit mehreren Zellen, verbunden durch orangefarbene Kabel und Metallverbindungen. Die Struktur zeigt eine Anordnung von rechteckigen Modulen, die in einem Rastermuster angeordnet sind. Die Oberfläche der Zellen ist metallisch glänzend, und die Kabel sind sorgfältig in schwarzen Halterungen fixiert. Keine sichtbaren Texte oder URLs.
Noch dominiert die Lithium-Ionen-Technik den Batteriemarkt.

Bis Ende dieses Jahrzehnts wird die Nachfrage nach Elektroautos massiv steigen – doch in Europa, den USA und in China könnte es an Lithium fehlen, um die dafür nötigen Batterien herzustellen. Zu diesem Ergebnis kommt ein Team von Forschenden aus China, Schweden und Norwegen in einer aktuellen Studie. Dafür recherchierten sie zunächst, welche Projekte zum Lithiumabbau in den drei Regionen bestehen oder geplant sind. Gegenüber heute könnten die Produktionsmengen teils um das Zehnfache steigen. China würde demnach im optimistischsten Fall 1,1 Millionen Tonnen von dem Rohstoff produzieren, Europa 325 000 und die USA bis zu 610 000. Zu wenig, um genügend Batterien für die ambitionierten Elektromobilitätspläne in den drei Regionen herzustellen, sagen die Forscher.

Besonders weit auseinander klafft die Lücke zwischen Bedarf und Verfügbarkeit demnach in Europa. Nicht einmal die Hälfte des eigenen Bedarfs könnte der Kontinent aus eigenen Quellen decken. China und die USA kämen mit ihrer eigenen Produktion immerhin in die Nähe des eigenen Bedarfs.

»Diese Ergebnisse sollte man nicht überinterpretieren«, sagt dazu Christoph Helbig von der Universität Bayreuth gegenüber dem Science Media Center. Die Studie konzentriert sich auf den jeweils heimischen Abbau von Lithium und hier auf die Produktion und den Handel mit Lithiumcarbonat und Lithiumhydroxid – ein kleiner Abschnitt in der komplexen Lieferkette von der Mine bis zur Batterie. Dass Australien große Mengen an Lithiumgestein nach China exportiert, werde in der Studie nicht berücksichtigt. »In den modellierten Szenarien fehlt damit ein wesentlicher Baustein der globalen Lithiumlieferkette.«

Dass Europa, die USA und teilweise auch China abhängig von Lithiumimporten sind, bestätigt Christoph Neef vom Fraunhofer-Institut für System- und Innovationsforschung. Doch auch er will von einem drohenden Lithiummangel in Europa nichts wissen. »Der Rohstoffmarkt ist als global anzusehen.« Übersteigt die globale Nachfrage das globale Angebot, komme es dort zu einer Versorgungsknappheit an Elektrofahrzeugen oder Batterien, wo die am wenigsten zahlungskräftigen Endkunden sitzen. »Dies ist erfahrungsgemäß nicht in Europa oder den USA der Fall.« Dennoch sollten die Ergebnisse der Studie Neef zufolge ernst genommen werden. Er unterstützt die Forderung der Studienautoren, Lithium effizienter einzusetzen als bisher, etwa indem kleinere Batterien verbaut oder Shared-Mobility-Angebote gezielt gefördert würden.

Das wäre auch sinnvoll im Hinblick darauf, dass die Studie in ihrem Ergebnis vielleicht doch zu optimistisch ausgefallen sein könnte. Darauf weist jedenfalls Marcel Weil vom Karlsruher Institut für Technologie hin. Die Studie konzentriere sich nämlich nur auf den Automobilsektor, betrachte aber nicht die stationären Speicher, die nun vielerorts aus dem Boden sprießen. »Bezieht man diesen Sektor mit ein, würde dies das Rohstoffproblem zusätzlich verschärfen.« Andere Trends könnten wiederum für Entspannung sorgen. Beispielsweise berücksichtige die Studie auch nicht, wie sich das Recycling von Lithium-Ionen-Batterien auswirkt. Zudem stehen natriumbasierte Batterien in den Startlöchern. In China könnten sie bald im industriellen Maßstab hergestellt werden und so den Bedarf an Lithium senken, während zugleich Länder wie Bolivien die Lage entschärfen können. »Auch hier gibt es große Lithiumvorkommen. Steigt der Lithiumpreis, könnten sie wirtschaftlich abgebaut werden.«

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