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News: Bedrohtes Paradies

Die Karibik: Nicht nur Taucher schwärmen von den faszinierenden Farben und der beinahe grenzenlosen Artenvielfalt. Viele Meeresbewohner finden in den farbenfrohen Korallenriffen ideale Lebensräume. Doch das Paradies ist in Gefahr.
Gelb-Band-Krankheit
In den Weiten der Meere tummelt sich ein Artenreichtum, der ohne weiteres dem Vergleich mit der Vielfalt tropischer Regenwälder standhält. Wie die terrestrischen Lebensräume sind jedoch auch die Korallenriffe, die etwa ein Sechstel aller Küsten säumen, durch Umweltveränderungen und den Menschen stark bedroht.

So auch das tropische Paradies der Karibik: Hier sind die Korallenriffe in den letzten 20 Jahren durch Krankheitsepidemien dramatisch zurückgegangen, in weniger als einem Jahr wurden die zwei häufigsten Korallenarten geradezu ausgelöscht. Die Fläche, die sie bedeckten und die 60 bis 70 Prozent des Meeresbodens in diesem Gebiet ausmacht, ist tot.

Als einen Grund dieses Massensterben vermuteten Wissenschaftler um John Bruno von der University of North Carolina in Chapel Hill eine zu hohe Menge an anorganischen Nährstoffen im Wasser, die über natürliche Auswaschprozesse oder ungeklärt abgeleitetes Abwasser direkt ins Meer gelangen. Den Effekt von Ammonium, Nitrat und Phosphat auf das Korallensterben nahmen die Forscher jetzt anhand dreier Korallenarten vor der mexikanischen Halbinsel Yucatan unter die Lupe.

Sie untersuchten die Fächerkoralle Gorgonia ventalina, die von der durch den Pilz Aspergillus ausgelösten Krankheit Aspergillose bedroht wird. Diese Krankheit färbt verletztes Gewebe dunkel und kann bis zum vollständigen Tod der Korallenkolonie führen. Außerdem überprüften sie zwei Arten von Riff bauenden Korallen, Montastraea annularis und Montastraea franksii, deren Population zunehmend der Gelb-Band-Krankheit zum Opfer fällt – einer wahrscheinlich bakteriellen Infektion, bei der sich infiziertes Gewebe wie ein gelbes Band über die Oberfläche der Korallenkolonien zieht.

Die Forscher platzierten poröse Behälter mit stickstoff- und phosphorreichen Dünger drei bis fünf Zentimeter von den lebenden Kolonien der kleinen Tiere entfernt und konnten so die Nährstoffkonzentration lokal erhöhen.

Was sie entdeckten, ist alarmierend: Bereits eine Steigerung der Nährstoffkonzentration um das Zwei- bis Fünffache führte zu einer Verdopplung der Sterberate bei Monastraea durch die Gelb-Band-Krankheit und verdoppelte ebenfalls die Aspergilloserate bei den Fächerkorallen.

Eine erhöhte Nährstoffkonzentration allein kann gesunden Korallen jedoch nichts anhaben, der Grund des Massensterbens liegt vielmehr im Zusammenspiel von Nährstoffanreicherung und Infektion. Da marine Pilze und Bakterien normalerweise – vor allen in den nährstoffarmen Ozeanen – durch Stickstoff begrenzt werden, könnte ihre Fitness und Gefährlichkeit durch zusätzliche Stickstoffquellen wie Ammonium oder Nitrat drastisch erhöht werden.

Problematisch am Korallensterben ist, dass sich die Riffe selten – wenn überhaupt – regenerieren und so mit den Korallen wichtige Pflanzenfresser in der ökologischen Gemeinschaft entfallen. Dies führt zu einer Verschiebung des Gleichgewichts in den karibischen Gewässern: Die ehemals von den Korallen dominierte Unterwasser-Welt wird nun zunehmend von Algen beherrscht.

Um die Artenvielfalt der Riffe zu retten, fordern die Forscher deshalb, die vom Menschen ausgelöste Belastung durch Nährstoffe aus der Landwirtschaft, dem Abwasser und durch Abholzung deutlich zu verringern. Denn auch wenn die Hauptbedrohung für die Riffe wohl von der globalen Erwärmung und Überfischung ausgeht, ist die Gefahr durch die Nährstoffe nicht zu unterschätzen.

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