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Massenaussterben: Beendete eine Supernova das Zeitalter der Panzerfische?

Bis vor 359 Millionen Jahren beherrschten Meerestiere in Plattenpanzern die Ozeane. Doch dann ging die Welt unter. Durch eine kosmische Katastrophe, vermuten nun Fachleute.
Ein sehr heller Fleck am Himmel über der Sichel eines düsteren Gesteinsplaneten

Eine nahe Sternenexplosion vor 359 Millionen Jahren könnte am kompliziertesten der fünf großen Massenaussterben der Erdgeschichte beteiligt gewesen sein. Das jedenfalls vermutet eine Arbeitsgruppe um Brian Fields von der University of Illinois in Urbana–Champaign. Eine oder mehrere Supernovae hätten am Ende des Erdzeitalters Devon die Ozonschicht für einen Zeitraum von Zigtausenden von Jahren zerstört, schreibt sie in »PNAS«. Die dadurch auf der Erde auftreffende UV-Strahlung habe dann, ausgehend von den Pflanzen, nach und nach die Ökosysteme der Erde vernichtet. Die Arbeitsgruppe erläutert außerdem, dass ein solches Ereignis Isotope von Plutonium und Samarium in Sedimenten jener Zeit hinterlassen könnte – nicht aber, warum sie nicht selbst danach gesucht hat.

Nach Ansicht des Teams erklärt die Hypothese, warum aus jener Zeit viele beschädigte und deformierte Sporen und Pollen überliefert sind – die Strahlung hätte sie nicht nur physisch verbrannt, sondern auch das Erbgut geschädigt. Die Gruppe um Fields stützt sich auf die Arbeit eines anderen Teams, das im Mai 2020 in »Science Advances« Indizien für eine Zerstörung der Ozonschicht vor 359 Millionen Jahren präsentierte. Allerdings könne die dort vorgestellte klimatische Ursache das Massenaussterben nicht erklären. Insbesondere die mutmaßlich lange Dauer des Aussterbeereignisses von einigen hunderttausend Jahren schließe viele Erklärungen aus, darunter Meteoriteneinschläge und Gammablitze.

Ein explodierender Stern in genau der richtigen Entfernung dagegen würde nach Ansicht des Teams um Fields nicht nur einen intensiven Strahlungspuls abgeben, sondern die Erde über etwa 100 000 Jahre in hochenergetischen Teilchen »baden«. Die Arbeitsgruppe gibt eine Entfernung von rund 65 Lichtjahren an: Eine Supernova dort sei zwar zu weit entfernt, um die Erde komplett zu sterilisieren, aber nah genug, um die Ozonschicht langfristig zu zerstören. Solche Ereignisse seien zudem häufig genug, um den Mechanismus plausibel zu machen: Statistisch explodierten zirka vier Sterne pro Milliarde Jahren in einem Radius von 65 Lichtjahren.

Vorerst erklärt das Team damit bloß den als Hangenberg-Ereignis bezeichneten Aussterbepuls direkt am Ende des Devons, bei dem Indizien für eine Zerstörung der Ozonschicht vorliegen. Nur wenige Millionen Jahre zuvor fand jedoch ein weiterer Aussterbepuls statt, und auch dieses Kellwasser-Ereignis ist bisher nicht zufrieden stellend erklärt. Fields und sein Team weisen darauf hin, dass Sterne in Gruppen entstehen und deswegen mehrere nahe Sternexplosionen in relativ kurzer Zeit stattgefunden haben könnten. Eine Supernova vor 359 Millionen Jahren könnte deswegen darauf hindeuten, dass auch das Kellwasser-Ereignis eine kosmische Ursache hatte.

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