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Sozialverhalten: Bei Hitze sind wir nicht so hilfsbereit

Auch diesen Sommer bringen uns die Temperaturen in Deutschland wieder ganz schön ins Schwitzen. Das könnte Folgen fürs soziale Miteinander haben, sagen Forscher nun.
Mehrere Mädchen legen die Hände aufeinander

Wenn uns warm ist, dann sind wir weniger geneigt, anderen Menschen helfend unter die Arme zu greifen. Hinweise darauf fanden nun zumindest Liuba Belkin von der Lehigh University in Bethlehem, Pennsylvania, und Maryam Kouchaki von der Northwestern University in Evanston, Illinois. Im Rahmen einer dreiteiligen Studie, die sie im "European Journal of Social Psychology" veröffentlichten, analysierten die Forscherinnen zunächst das Verhalten von Mitarbeitern einer großen russischen Einzelhandelskette. Dabei entdeckten sie, dass diese bei unangenehm warmen Temperaturen nur halb so häufig Kunden ihre Hilfe anbaten, ihnen aktiv zuhörten und alternative Einkaufsvorschläge unterbreiteten.

Ähnliches galt für Probanden, die Belkin und Kouchaki zufällig für eine bezahlte Onlinestudie rekrutierten. Einen Teil der Versuchspersonen wiesen die Wissenschaftlerinnen an, sich eine Situation vorzustellen, in der ihnen unangenehm heiß gewesen war. Nachdem die Teilnehmer einige Fragen beantwortet und ein paar Tests durchlaufen hatten, baten die Forscherinnen sie, noch bei einer weiteren, unbezahlten Studie zu helfen. Die Bereitschaft dazu war bei den Menschen, die die Forscherinnen zuvor gedanklich ins Schwitzen gebracht hatten, deutlich geringer: Nur 34 Prozent der Versuchspersonen aus der Hitzegruppe zeigten sich hilfsbereit, in der Kontrollgruppe waren es dagegen 76 Prozent.

Im letzten Versuch setzen die Wissenschaftlerinnen schließlich Studenten im Sommer bei heißen Außentemperaturen entweder in einen klimatisierten oder in einen ziemlich warmen Hörsaal. Dann baten sie die Probanden, einen Fragebogen für einen guten Zweck auszufüllen. Während 95 Prozent der Studenten im kühlen Raum bereitwillig mitmachten, boten gerade mal 64 Prozent der Personen im warmen Hörsaal ihre Hilfe an. Zudem warfen letztere schneller die Flinte ins Korn und füllten oft nur die ersten paar Fragen aus.

Zusätzliche Erhebungen deuten darauf hin, dass Teilnehmer, die heißen Temperaturen ausgesetzt waren – ob im echten Leben oder nur in ihrer Fantasie –, rascher müde und erschöpft waren. Das könnte einer der Gründe sein, warum ihre Hilfsbereitschaft sich schneller verflüchtigte, glauben die Forscherinnen. Im Hörsaalexperiment könnten die Teilnehmer natürlich auch im Sinn gehabt haben, den warmen Raum möglichst bald zu verlassen, wenden Belkin und Kouchaki ein. Doch unabhängig von der Begründung seien die Ergebnisse eindeutig: Die Hitze beeinträchtige potenziell die Wahrnehmung, die Gefühle und das Verhalten der Menschen.

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