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News: Beim Lernen zugeschaut

Wie lernt das Gehirn? Eine Frage, die immer noch viele Rätsel aufwirft und Forscher ständig zu neuen Versuchsaufbauten anregt. Nun sollten sich Freiwillige mit Symbolkarten für Wettertypen beschäftigen, während Wissenschaftler die Gehirnaktivität überwachten. Dabei zeigte sich, dass sich die Aktivität verschiedener Gehirnareale mit fortschreitenden Lernprozessen umkehrt.
Forscher wagen gerne einen Blick in unser lernendes Denkorgan, um zumindest die eine oder andere Vorgehensweise unseres Gehirns zu verstehen. Dabei haben sie bereits verschiedene Gehirnareale ausfindig gemacht, die mit Lernen und Gedächtnis assoziiert sind. So soll etwa der mittlere Temporallappen – zu dem auch der Hippocampus zählt – am deklarativen Lernen beteiligt sein, also immer dann aktiv werden, wenn wir uns Fakten und Ereignisse einzuprägen versuchen. Speichern wir jedoch unbewusst etwas ab, spielt sich dies tief im Gehirn – im so genannten Basalganglion – ab.

Ob dies auch wirklich so funktioniert, testete ein Team um Russ Poldrack vom Massachusetts General Hospital mit zwei unterschiedlichen Experimenten, bei denen Freiwillige Symbolkarten mit Wettertypen verknüpfen mussten. In der ersten Version mussten die Probanden durch Versuch und Irrtum herausfinden, welche Symbolkarten zu welchem Wettertyp passten, während ihnen im zweiten Aufbau gleich der richtige Wettertyp bei Ansicht der Karte genannt wurde. Während im ersten Test das nichtdeklarative Lernen gefragt war, sollte im zweiten Versuch das bewusste Gedächtnis aktiv werden.

Die Forscher überwachten die grübelnden Köpfe mittels funktionaler Magnetresonanz und konnten so die momentan aktive Gehirnregion ausfindig machen. Hierbei zeigte sich, dass bei nichtdeklarativen Gedankenvorgängen das Basalganglion in Fahrt kam, sich der Temporallappen hingegen mit seiner Aktivität zurücknahm. Beim bewussten Abspeichern war das Muster genau umgekehrt.

Doch die Momentaufnahme reichte den Forschern nicht aus, sondern sie verglichen die Aktivitäten über den gesamten Zeitverlauf. Überraschenderweise änderten sich die aktiven Gehirnbereiche mit fortschreitendem Lernprozess. So zeigten die Freiwilligen, als sie sich die Wetterkarten durch Versuch und Irrtum zu merken versuchten, dass zuerst der mittlere Temporallappen aktiv wurde, während im Basalganglion Stille herrschte. Erst mit zunehmendem Lernfortschritt schaltete das Aktivierungsmuster ins Gegenteil um und zeigte das bekannte, oben beschriebene Bild.

Dies stößt die bislang gültige Theorie über den Haufen, wonach der Temporallappen eigentlich nur beim deklarativen Lernen zu Gange ist. Stattdessen scheint der Hippocampus, der ja im Temporallappen platziert ist, an allen Lernprozessen beteiligt zu sein. Er legt fest, wie die Information durch andere Gehirnareale gespeichert wird. Ob diese Erkenntnisse auch zum besseren Verständnis von degenerativen Hirnerkrankungen wie der Alzheimer-Krankheit beitragen – hier wird der Hippocampus bereits im Anfangsstadium der Krankheit beschädigt –, bleibt abzuwarten.

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