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Beobachtungstipps: Der Kriegsgott besucht einen Überriesen

Mars begegnet am 14. April 2023 dem gelblichen Stern Mebsuta im Sternbild Zwillinge. Mit einem Fernglas werden die unterschiedlichen Farben des ungleichen Paares deutlich sichtbar.
Aufnahme der Planten Mars und Jupiter im Sternbild Zwillinge
Mars zieht im April durch das Sternbild Zwillinge und begegnet dabei dem Stern Mebsuta. Die Aufnahme aus 2013 zeigt Mars als roten Fleck über den Baumkronen.

Es ist immer wieder spannend, dabei zuzuschauen, wie sich ein Planet auf seiner scheinbaren Bahn am Himmel einem helleren Stern annähert und ihn nur knapp verfehlt. Darum wurden Planeten früher auch Wandelsterne genannt: Sie bewegen sich vor dem Hintergrund der Sterne. Und genau dies können wir bei einer Begegnung mit einem helleren Stern – früher als Fixstern bezeichnet – von Nacht zu Nacht besonders gut erkennen.

Am 14. April 2023 passiert der 1,1 mag helle, orangefarbene Mars den 3,0 mag hellen, gelben Stern Epsilon Geminorum (ε Gem) in den Zwillingen (lateinisch: Gemini). Der 3,1 mag helle Stern befindet sich am rechten Bein des Zwillings Kastor und trägt den arabischen Namen Mebsuta. Er ist ein gelblich leuchtender Überriese mit der 19-fachen Sonnenmasse, und sein Durchmesser übertrifft denjenigen unserer Sonne mindestens um das 200-Fache. In der näheren Umgebung von Mebsuta, 110 Bogensekunden östlich des Giganten, befindet sich ein nur 9 mag heller Begleiter, der sich am besten bei höherer Vergrößerung in einem Teleskop betrachten lässt.

Am Abend der engsten Annäherung hilft ein Fernglas sehr, Mars und Mebsuta bequem getrennt zu sehen, denn unser roter Nachbar erscheint am Himmel rund sechsmal so hell wie der Stern. Zudem werden dann die Farben dieses ungleichen Paars deutlicher sichtbar. In den Nächten vor und nach dem 14. April werden Sie bemerken, wie Mars mit einer Winkelgeschwindigkeit von einem halben Grad pro Tag zügig ostwärts marschiert und den Stern dabei hinter sich lässt. Der Rote Planet bewegt sich so schnell, als würde er versuchen, der noch weit westlich von ihm stehenden Sonne davonzulaufen. Zunächst scheint es, als würde ihm das gut gelingen, doch letztlich verliert er das Rennen: Innerhalb von nur 24 Stunden rückt das grelle Tages­gestirn gegenüber dem Sternhimmel um ein volles Grad nach Osten vor und wird den müden Krieger am 18. November 2023 einholen.

Mars bei Mebsuta | Mit rund einem halben Grad pro Tag wandert der Mars ostwärts und begegnet dabei im Sternbild Zwillinge dem 3,1 mag hellen Stern Epsilon Geminorum (ε Gem). Den minimalen Abstand von neun Bogenminuten erreicht er am 14. April 2023. Die Grafik zeigt die Position des Roten Planeten jeweils um 21 Uhr MESZ.

Erst am 25. April 2038 wird Mars wieder an Mebsuta vorbeiziehen, wobei der Planet dem Stern jedoch in einem rund doppelt so ­großen Abstand begegnet. Eine Bedeckung, wie zuletzt im Jahr 1976, wird in diesem Jahrhundert nicht mehr eintreten.

  • Kurz erklärt
    Was ist eine Bogenminute? Wann spricht man von einer Konjunktion? Und wie gibt man die Helligkeit von Sternen an? Ein kleiner Überblick über die wichtigsten astronomischen Begriffe.
  • Bogenminute
    Die Bogenminute ist eine Einheit, um die Größe von Winkeln im Gradmaß anzugeben. Ein Winkelgrad hat 60 Bogenminuten und die Bogenminute 60 Bogensekunden. Entsprechend ergeben 3600 Bogensekunden genau ein Grad.
  • Ekliptik
    Die scheinbare jährliche Bahn der Sonne am Himmel. Sie ist der Schnitt der Erdbahnebene, der so genannten Ekliptikebene, mit der Himmelssphäre. Die Ekliptikebene ist gegen die Äquatorebene, den Schnitt des Erdäquators mit der Himmelssphäre, um 23,5 Grad geneigt.
  • Elongation
    Winkelabstand zwischen der Sonne und einem Planeten oder dem Mond. Befindet sich ein Planet in östlicher Elongation, geht er abends nach der Sonne unter, bei westlicher Elongation geht er morgens vor der Sonne auf. Eine Elongation von 0 Grad heißt Konjunktion und von 180 Grad Opposition.
  • Helligkeit (mag)
    Historisch bedingt unterschied man die Helligkeiten zunächst in sechs Größenklassen. Der erste Detektor war das menschliche Auge, das für astronomische Beobachtungen sicherlich nicht voll ausgereift ist. Die hellsten Sterne definierte man als Sterne 1. Größe (1 mag), die lichtschwächsten, gerade noch mit dem Auge sichtbaren als Sterne 6. Größe (6 mag).
  • Konjunktion
    Gleichschein, Stellung eines Planeten, bei der die Sonne in der Verbindungslinie Erde–Planet steht. Bei den Planeten Merkur und Venus kommt es zu einer oberen Konjunktion, wenn die Sonne zwischen der Erde und dem Planeten steht, und zu einer unteren Konjunktion¸ wenn der Planet zwischen Erde und Sonne steht.
  • Kulmination
    Durchgang eines Gestirns durch den Meridian. Man unterscheidet zwischen der oberen Kulmination (größte Höhe über dem Horizont) und der unteren Kulmination (größte Höhe unter dem Horizont). Nur bei den Zirkumpolarsternen befinden sich oberer und unterer Kulminationspunkt über dem Horizont.
  • Meridian
    Mittagskreis, im horizontalen Koordinatensystem der Großkreis an der Himmelssphäre, der sowohl durch Zenit und Nadir als auch durch die beiden Himmelspole verläuft und den Horizont im Süd- und im Nordpunkt schneidet.
  • Opposition
    Gegenschein, Winkelstellung zweier Planeten zueinander oder auch zu Sonne und Mond, bei der sich die ekliptikale Länge der beiden Gestirne um 180 Grad unterscheidet. Am häufigsten für den Fall gebraucht, dass Sonne–Erde und einer der äußeren Planeten auf einer Linie liegen.
  • Seeing
    Das durch die Luftunruhe der Atmosphäre hervorgerufene Flackern der Sterne.

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