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News: Berge ohne Gipfel

Ähnlich wie Eisberge, tauchen auch Gebirge tief in den Untergrund. Merkwürdig nur, dass die Gebirgswurzel selbst dann erhalten bleibt, wenn das Gebirge im Zuge der Erosion vollends verschwunden ist.
Die Anden, die Alpen oder der Himalaja entstanden, weil hier Kontinentalplatten aufeinandertreffen und riesige Gebirge auftürmen. Dabei sind die nur die Spitze des Eisbergs, denn ein größerer Teil der Gesteinsmassen ragt in den Erdmantel. Genau wie Eiswürfel im Wasserglas, so befinden sich auch Gebirge im isostatischen Gleichgewicht mit dem Erdmantel.

Doch mit der Auffaltung der Gebirge beginnt auch deren Abtragung durch Wind und Wetter - bis, lange nachdem die tektonischen Kräfte erlahmten, die Landschaft wieder vollkommen flach ist. In Australien oder Afrika finden sich solche Regionen, in denen tektonisch seit hunderten von Millionen Jahren nichts mehr passiert, und wo aus schroffen Bergen längst flache Ebenen wurden.

Einzig merkwürdig ist dabei allerdings, dass die Wurzeln jener Urgebirge immer noch da sind - ganz so, als würde ein schmelzender Eisberg nur über der Wasseroberfläche verschwinden.

Karen Fischer von der Brown University in Providence hatte die Schwerefeldmessungen zahlreicher alter Gebirgsgürtel ausgewertet und dabei erkannt, dass das Verhältnis aus Gebirgshöhe und Dicke der Erdkruste mit zunehmendem Alter systematisch kleiner wurde. Das ist merkwürdig, schließlich müsste die Erosion im Laufe der Zeit zu einer proportionalen Heraushebung der Gebirgswurzel führen. Doch dem ist ganz offensichtlich nicht so: Selbst uralte Gebirge, die vollkommen der Erosion anheim fielen, drücken immer noch tief in den Erdmantel.

Um der Ursache für dieses Phänomen auf die Spur zu kommen, prüfte die Forscherin zwei Hypothesen. Erstens: Konnten die Erdmantelgesteine im Laufe der Zeit zäher werden und die auftreibende Kruste gleichsam festhalten? Zweitens: Veränderten sich womöglich die Gesteine im Mantel und der Gebirgswurzel derart, dass die Dichteunterschiede irgendwann verschwanden?

Mithilfe numerischer Simulationen konnte Fischer die erste Theorie bald ausschließen - die Gebirgswurzeln befinden sich also nicht im festen Griff eines zunehmend zäheren Erdmantels. Stattdessen konnte die Forscherin zeigen, dass sich die Dichteunterschiede zwischen Erdkruste und Erdmantel tatsächlich im Lauf der Zeit deutlich verringerten. Allerdings, ganz wasserdicht ist dieses Ergebnis nicht, denn in fast allen Fällen müssten die Unterschiede für einen weiteren Aufstieg ausreichen.

Kurzum: Ganz genaues weiß man nicht. Immerhin scheint es, als seien geochemische Prozesse in der Tiefe für die Angleichung der Dichten verantwortlich, indem sich spezifisch leichte in solche höhere Dichte umwandeln. Die Gebirgswurzel könnte nicht mehr aufsteigen und bliebe als Berg ohne Gipfel erhalten.

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