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Koevolution von Blüten und Insekten: Bernsteinkäfer ist weltältester Blütenliebhaber

Blütenpflanzen gibt es nur mit Bestäuberinsekten – aber das älteste Blütenfossil ist viel älter als der älteste Bestäuber. Ein Fund schließt die Lücke, zumindest ein wenig.
Fröhliche Kreidezeitszene: Insekten auf Bedecktsamern

Die Bestäubung durch Insekten hat der Pflanzengruppe der Bedecktsamer einst einen einmaligen Evolutionsvorsprung verschafft und geholfen, sie mit zu den erfolgreichsten Lebewesen auf der Erde zu machen. Dabei startete die mit Bestäuberhilfe gelungene Karriere wohl vor rund 100 Millionen Jahren mitten in der Kreidezeit richtig durch: Damals begannen sich Bedecktsamer stark auszubreiten und verdrängten Konkurrenten im Lebensraum wie die Palmfarne und Ginkgogewächse, während Nacktsamer, die einst im Jura noch dominierten, wie die Bennettitales sogar ausstarben. Bisher konnten Forscher nur vermuten, wie die Insekten ausgesehen haben, die den Bedecktsamern ihren Entwicklungsschub verdanken: Das älteste gefundene, eindeutig Blüten besuchende und bestäubende Insektenfossil war mit 50 Millionen Jahren nur halb so alt wie die ältesten offensichtlich von Insekten bestäubten Bedecktsamer. Bislang, denn nun präsentieren Forscher in »PNAS« ein deutlich älteres Exemplar.

Der von Wang Bo vom Nanjing Institute of Geology and Palaeontology vorgestellte Käfer fand sich in einem schon 2012 in Myanmar gesammelten Bernstein, der bis dato eher unbeachtet als Deko-Objekt diente. Das Insekt, Angimordella burmitina, ist ein frühes Exemplar der Stachelkäfer, die es bis heute gibt. Auffällig ist seine abgerundete Kopf- und Körperform, mit der er das nektargefüllte Innere von Bedecktsamerblüten erreichen konnte. Zudem sind seine Maxillarpalpen – bestimmte Partien seiner Mundwerkzeuge – wie bei heutigen Spezialisten ideal dafür geeignet, den Blüteninhalt zu transportieren und aufzunehmen. An den Beinen des Insekts erkennen die Forscher zudem Anhänge, die wie bei modernen Bienen zum Transport und Lagern von gesammelten Pollen gedient haben. Ferner ist der gesamte Körper des Exemplars im Bernstein auch noch überhäuft mit insgesamt 62 meist goldfarbenen Pollen, die den Analysen zufolge wahrscheinlich von einem Vertreter höher entwickelten Bedecktsamer stammten, einer Rosopsida. Die Altersbestimmung des vier Millimeter langen Käfers ergab schließlich 99 Millionen Jahre – er ist damit rund doppelt so alt wie das bisher älteste gefundene Bestäuberinsekt.

In Bernstein eingeschlossener Kreidezeit-Käfer | In einem in China ausgegrabenen Bernstein fanden Forscher dieses Exemplar von Angimordella burmitina – einem Stachelkäfer, dessen moderne Verwandtschaft auch heutzutage Blüten besucht und bestäubt.

Ziemlich sicher, so meinen die Forscher, werden bald noch ältere eindeutige Bestäuber entdeckt – die Evolution der Bedecktsamer begann immerhin wohl auch im Jura, also vor der Kreidezeit. Tatsächlich postulieren Paläobotaniker eine lange Periode, in der Pflanzen nur ab und zu und eher zufällig von Insekten oder anderen Tieren profitiert haben, die nicht unbedingt extrem spezialisiert gewesen sein müssen. Ebenfalls im Jura könnten erste Insekten schon angefangen haben, sich auf Bedecktsamerblüten zu spezialisieren: Man kennt fossile Insekten wie frühe Skorpionsfliegen, deren rüsselförmige Mundwerkzeuge vielleicht bereits Anpassungen an eine nektarsaugende Ernährung sind. Diese Insekten wurden bisher aber nie – wie der nun beschriebene Bernsteinkäfer – als Fossil in flagranti mit Pollen erwischt.

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