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Technikgeschichte: Berüchtigtes Südstaaten-U-Boot versenkte sich selbst

Das U-Boot "H. L. Hunley" ist aus allerlei Gründen legendär: Es versenkte als erstes überhaupt ein Schiff, tötete seinen Erfinder und gleich mehrmals seine Besatzungen. Am Ende versank es spurlos - was war geschehen?
CSS H. L. Hunley

Die Geschichte des ersten jemals erfolgreich im Krieg eingesetzten Unterseeboots ist farbig: Die "H. L. Hunley" wurde von den Südsaaten der USA im Amerikanischen Bürgerkrieg im August 1863 in Dienst gestellt, um die See-Blockade der Nordstaatenflotte zu brechen. Schon bei einer der ersten Testfahrten sank das Gefährt (wobei fünf Besatzungsmitglieder ertranken), wurde gehoben, sank zwei Monate später wieder (wobei alle acht Seeleute an Bord starben, inklusive des Erfinders) und wurde erneut in Dienst gestellt. Am 17. Februar 1864 griff die "Hunley" schließlich die "USS Housatonic" vor Charleston an und versenkte das Dampfsegelschiff der Nordstaatenflotte mit einem so genannten Spierentorpedo. Während die Besatzung der "Housatonic" sich bis auf fünf Mann retten konnte, ging das U-Boot mit seiner achtköpfigen Crew spurlos verloren – und legte so den Grundstein für allerlei Mythen und Spekulationen, die alles andere als abrissen, nachdem das Boot im Jahr 2000 vom Meeresboden gehoben worden war.

Im Wrack wurden auch die sterblichen Überreste der gesamten Crew gefunden. Die Todesursache und der Hergang des Gefechts blieben aber ein Rätsel: Waren die U-Bootfahrer erstickt oder ertrunken? Beide Varianten erklären nicht, warum sich offensichtlich keiner der U-Boot-Fahrer von seiner Gefechtsstation wegbewegt hatte. Daher haben nun, um die letzten Minuten von U-Boot und Crew abschließend aufzuklären, Forscher um Rachel Lance von der Duke University eine Rekonstruktion von Gefährt und Geschehen mit bisher unerreichten Details durchgespielt. Im Mittelpunkt stand dabei eine naturgetreue Nachbildung des im Original zwölf Meter langen Mini-U-Bootes im Maßstab 1 : 6, die "CSS Tiny". Das im Innenraum mit Messsensoren ausgestattete Gefährt setzten die Forscher dann verschieden starken, genau dosierten Explosionen aus, die derjenigen der Originaltorpedo-Ladung entsprachen, die in unterschiedlichen Entfernungen vom U-Bootrumpf explodiert sein könnte.

In der in "PLoS" veröffentlichten Studie kommen die Forscher nach der Simulation nun zu einem eindeutigen Schluss: Die Crew starb sicherlich schnell und plötzlich in Folge der aus relativer Nähe einsetzenden Explosionswirkung ihrer eigenen Waffe. Als der Spierentorpedo – eine Zellulosenitrat-Sprengladung an der Spitze einer langen Stangenkonstruktion vor dem Bug des Boots – explodierte, sorgte das im Inneren des Modells für eine Druckwelle einer Stärke, die mit hoher Sicherheit zu Lungenrissen und Hirntraumata der Besatzung des echten U-Boots geführt hat.

Die Sprengladung im Modell war dabei noch vergleichsweise unterdimensioniert, und Skalierungseffekte dürften dafür sorgen, dass in der Realität die Wirkung sogar stärker als in der Simulation war, schreiben die Forscher. Somit sei nun, so Lance, "die Todesursache der Crew endlich geklärt und das Rätsel gelöst".

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