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Friedensforschung: Bewaffnete Konflikte nehmen wieder zu

Entgegen dem Trend der letzten Jahre ist die Zahl von bewaffneten Auseinandersetzungen weltweit im Jahr 2005 wieder gestiegen. Verantwortlich dafür war unter anderem das Wiederaufflammen alter Konflikte, wie in Sri Lanka, Aserbaidschan, Myanmar oder Indien. Das höchste Risiko für anhaltende Instabilität sieht eine aktuelle Studie in Afghanistan, Irak und dem Niger.

Mit dem Ende des Kalten Krieges hatte die Zahl kriegerischer Konflikte von wenigen Ausnahmen abgesehen kontinuierlich abgenommen und war im Jahr 2004 auf einen Stand von 19 gefallen. Für das 2005 jedoch verzeichneten Forscher um Joseph Hewitt von der Universität von Maryland in College einen deutlichen Anstieg auf 25. Ein Drittel aller Nationen weltweit ist derzeit in andauernde bewaffnete Konflikte aller Art verwickelt, mehr als jemals zuvor seit dem Zweiten Weltkrieg.

Die Auseinandersetzungen fordern immer mehr Zivilopfer, während die Todesraten der Militärs sinkt. Die Forscher sprechen von 18 bis 25 Millionen getöteten Zivilisten durch Bürgerkriege, internationale und koloniale Auseinandersetzungen seit 1945. Von den 25 Staaten mit dem derzeit höchsten Risiko für politische Instabilität und bewaffneten Konflikten liegen drei Viertel in Afrika, dazu kommen Irak und Libanon im Nahen Osten, Afghanistan, Indien und Bangladesch in Asien sowie Haiti in Amerika. Kambodscha, Brasilien und Bolivien folgen knapp darauf.

Die Zahl gewalttätiger Unabhängigkeitsbewegungen beziffern die Wissenschaftler für das Jahr 2006 auf 26, darunter beispielsweise der Palästinenser, Tschetschenen und Korsen. Im Nahen Osten und Nordafrika hat sich die Zahl der Interessenvertretungen ethnischer Gruppen mehr als verdoppelt, wobei insbesondere religiöse und nationalistische Kräfte eine Rolle spielen. Darunter fallen aber auch Demokratiebewegungen. Die Forscher betonen, dass die Zahlen nur mäßige Unterstützung bieten für einen Zusammenhang zwischen religiöser Orientierung und dem Einsatz von Gewalt und Terrorismus.

Auch die Zahl der Friedensmissionen hat stark zugenommen und beträgt inzwischen mehr als das Doppelte als zu jedem Zeitpunkt während des Kalten Krieges. Die häufig kritisierten UN-Friedenstruppen zeigten sich dabei genauso erfolgreich wie andere Einsätze. Die Wissenschaftler warnen jedoch vor einer zunehmenden Globalisierung der Konflikte: Bewaffnete Auseinandersetzungen sind immer seltener auf das eigentliche Staatsgebiet und die dort lebenden Parteien beschränkt, sondern wirken sich weltweit aus und beeinträchtigen auch die Stabilität anderer Staaten.

Für die Risikoeinschätzung analysierten die Wissenschaftler verschiedene Kennzahlen aus Politik, Wirtschaft, Gesellschaft und Sicherheit wie Regierungsform, Einbindung in die Weltwirtschaft, Kindersterblichkeit und Grad der Militarisierung der letzten sechs Jahrzehnte bis 2004. Daraus errechneten sie jeweils die Gefahr für 2007. (af)

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