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Insektenimmunsystem: Bienen schützen Schwarm mit Impfstoff-Nahrung

Bienen schützen ihren Schwarm mit gesunder Nahrung: Sie enthält unter anderem einen Impfstoff, der über Monate hinweg gegen Viren immunisiert.
Honigbiene

Honigbienen teilen im Schwarm miteinander einen bisher unbekannten Impfstoff: Das im Gelée royale und der normalen Kost für Arbeiterinnen enthaltene RNA-Molekül schützt den Stock vor Virusinfektionen, berichtet ein Team von Bienenforschern um Eyal Maori von der University of Cambridge im Fachblatt »Cell Reports«. Der kurze RNA-Schnipsel enthält dabei keine Bauanleitung für Proteine, kurbelt dafür aber die Immunabwehr der Insekten an und schützt sie so über Monate vor viralen Erregern.

Eine Biene, die die RNA einmal etwa als Larve mit ihrer Nahrung aufgenommen hat, gibt sie später an andere Schwarmgenossen weiter, berichten Maori und Kollegen: Die RNA-Moleküle wandern durch die Darmwand in die Hämolymphe der Tiere und von dort später, wenn die Bienen selbst erwachsen werden, in die herangereiften Kopfdrüsen. Von dort werden sie zum Nahrungsbrei gegeben, mit dem Ammenbienen den Nachwuchs füttern. Ein Schwarm kann so über Monate hinweg geschützt bleiben – auch nachdem die erste Generation von geimpften Tieren schon gestorben ist, wie die Experimente des Teams belegen.

Die Sequenz verschiedener in Ammennahrung enthaltener RNA-Moleküle entspricht oft zum Teil der von Virus-RNA oder dem Erbgut anderer Erreger wie etwa insektenpathogenen Pilzen. Die Moleküle arbeiten demnach anscheinend ähnlich wie ein Impfstoff beim Menschen. Offenbar spielen im Immunsystem der Bienen wie bei anderen Insekten auch Mechanismen der RNA-Interferenz eine Rolle: Die RNA kurbelt dabei die Produktion verschiedener Enzyme an, die sequenzspezifisch ähnliche RNA-Fragmente zerstören – um so etwa Viren mit den gleichen Sequenzmolekülen zu blockieren. Gleichzeitig werden die alarmierenden RNA-Impfschnipsel an andere Zellen weitergereicht.

Noch nicht ganz klar ist, wie die Zellabwehr der Insekten dabei zwischen echter viraler RNA und den kleinen Alarmsignalen aus RNA unterscheidet. Diese sind zudem recht fragil und sollten im Körper eigentlich relativ rasch abgebaut werden. Offensichtlich schützen Bienen den eigenen RNA-Impfstoff jedoch durch ein weiteres im Gelée royale enthaltenes Molekül, wie Maoris Team schon zuvor herausgefunden hat: Eines der im Gelée häufigsten Proteine, das Major Royal Jelly Protein-3 (MRJP-3), bindet an RNA und formt dabei kleine schützende Konzentratkügelchen. Darin sind die RNA-Molekül weitgehend vor äußeren Einflüssen geschützt – bis sie im nächsten Insektendarm wieder freigesetzt werden.

Die Forscher denken nun darüber nach, ob sich das in der Natur mit unübersichtlich vielen Aufgaben betraute Gelée Royal nicht auch noch als Träger von gezielt eingesetzten RNA-Impfstoffen eignet, die dann Bienenvölker zum Beispiel vor den Gefahren durch die Varroamilbe schützen können. Auch andere Arbeitsgruppen arbeiten bereits an Impfstoffen, die über RNA-Interferenz das Bienenimmunsystem ankurbeln sollen. Gerade die Verbreitung des Impfstoffs im Schwarm ohne größere Eingriffe von außen ist allerdings ein bisher nicht zufrieden stellend gelöstes Problem.

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