Direkt zum Inhalt

Insekten: Bienengigant nach 38 Jahren wiederentdeckt

Neben Wallaces Riesenbiene wirkt unsere Honigbiene wie ein Zwerg. Doch seit 1981 hatte niemand mehr diesen Giganten gesehen - bis jetzt.
Riesenbiene im Vergleich mit Honigbiene

Vor 38 Jahren haben Wissenschaftler das letzte lebende Exemplar von Megachile pluto gesehen – obwohl die Insekten sehr auffällig sind: Ausgewachsene Exemplare dieser Mörtelbienenart sind bis zu vier Zentimeter lang und weisen Flügelspannweiten von mehr als sechs Zentimetern auf. Sie sind damit viermal größer als unsere gängigen Honigbienen. Wallaces Riesenbiene gehörte deshalb zu den 25 vermissten Tier- und Pflanzenarten, nach denen Biologen besonders intensiv suchten. Hinweise darauf, dass dieses Insekt überlebt haben könnte, gab es 2018, als in einem niederländischen Museum ein Exemplar auftauchte, das laut Datenblatt 1991 gesammelt worden war. Ebenfalls 2018 wurden zwei weitere relativ frisch gefundene Tiere versteigert und gingen in private Sammlungen. Doch erst eine Expedition von Biologen um Simon Robson von der University of Sydney und den Naturfotografen Clay Bolt konnte das Rätsel lösen und endgültig bestätigen, dass die Giganten noch existieren.

Nach fünftägiger Suche in den Regenwäldern einer kleinen Insel der indonesischen Molukkengruppe – den genauen Standort auf der Insel verschweigen die Wissenschaftler – entdeckten sie eine erste Riesenbiene lebend an einem Termitennest, in dem sie ihr eigene Bruthöhle anlegte. »Es war absolut atemberaubend, diese fliegende Bulldogge unter den Insekten zu sehen und einen richtigen Beleg zu haben, dass sie mitten in der Wildnis noch unter uns ist«, so Bolt, der die Tiere fotografierte und filmte. Alfred Russel Wallace hatte die Art 1859 erstmals gesammelt und beschrieben, als er die Molukkeninsel Becan erforschte. Ihm fielen vor allem die extrem großen Mandibeln des Tieres auf, deren Funktion erst 100 Jahre später geklärt werden konnte: Sie kratzen damit Harzklümpchen von Baumrinden, um damit ihr Nest gegen die Termiten abzudichten – die kleinen Insekten können dieses Material nicht zersetzen oder abtragen. Den deutlich kleineren Männchen fehlen dagegen diese Kieferwerkzeuge.

In den Bienennestern leben bis zu sechs Weibchen, die ihren Nachwuchs versorgen. Die Männchen verteidigen diese Reviere außerhalb des Nests gegen Artgenossen. Die bislang einzige größere Studie zu Megachile pluto erfolgte 1981, danach verschwand sie vom Radar der Biologen – was unter anderem an ihrem abgelegenen Verbreitungsgebiet liegt, das nur selten von Forschern aufgesucht wird. Wilderer hingegen scheinen die Region öfter zu besuchen. Denn hellhörig wurden Entomologen 2018, als ein frisch gefangenes Exemplar für rund 9000 US-Dollar über eBay an einen privaten Sammler versteigert wurde; ein zweites Tier ging kurze Zeit später für über 4000 US-Dollar über den Tisch. Nach indonesischem Recht ist dieser Handel illegal. Dennoch sorgen sich die Wissenschaftler wegen der hohen Preise, welche die Bienen erzielen: Sie sind ein Anreiz für weitere Wilderer.

Die Art lebt außerdem in unberührten Regenwäldern und hat spezielle Ansprüche an ihren Lebensraum, weshalb sie durch Abholzungen gefährdet ist – und Indonesien gehört weltweit zu den Staaten mit den größten jährlichen Waldverlusten. Robson und Co hoffen, dass ihr Fund das Interesse am Erhalt der Riesenbienen weckt. Sie planen daher eine weitere Expedition, um mehr über das Verhalten der Insekten, ihre Verbreitung und die Bestandsgröße herauszufinden – und wie es sich anfühlt, wenn man von den Tieren gestochen wird. Denn auch das weiß noch niemand.

Schreiben Sie uns!

Wenn Sie inhaltliche Anmerkungen zu diesem Artikel haben, können Sie die Redaktion per E-Mail informieren. Wir lesen Ihre Zuschrift, bitten jedoch um Verständnis, dass wir nicht jede beantworten können.

Partnerinhalte

Bitte erlauben Sie Javascript, um die volle Funktionalität von Spektrum.de zu erhalten.