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News: Bin ich schön?

Es ist das biologische Ur-Prinzip: Alles dreht sich um die Suche nach dem optimalen Partner. Und was tut man nicht alles, um attraktiv zu sein? Doch möglicherweise ist das die falsche Strategie. Ein makelloser Körper kann auch von Nachteil sein.
Justin Runyon ist verwirrt. Was war denn nun mit Darwins Lehre? Sollte sich im Kampf ums Überleben nicht derjenige durchsetzen, der den äußeren Bedingungen am besten angepasst ist? "Survival of the fittest" eben?

Natürlich, da gibt es Beispiele wie den Pfau. Auf Brautschau kann dieser seine Auserwählte mit farbenprächtigem Schwanz beeindrucken und sich gegenüber seinen Konkurrenten hervorheben. Auch wenn das auf Kosten der Tarnung geht – der Vorteil des Auffallens überwiegt.

Jetzt aber hat der Entomologe von der Pennsylvania State University in Süd-Arizona eine neue Fliegen-Art entdeckt, deren Männchen unterschiedlich geartete Flügel besitzen. Der rechte Flügel der langbeinigen Erebomyia exallopatra ist kleiner als der linke, außerdem fehlt ihm ein Stück.

Worin hier der Selektionsvorteil liegen soll, blieb zunächst schleierhaft. Vielmehr stellte sich die Frage nach dem Flugvermögen der Tiere: Sollten sie etwa immer im Kreis fliegen müssen? Dazu kommt: Wer mit einem kaputten Flügel kämpft, hat vielleicht auch noch andere Makel und sollte als Partner nicht sonderlich begehrt sein. Und doch wurden diese Männchen im Laufe der Evolution offenbar bevorzugt – hatten die Fliegen-Damen einfach nur ein großes Herz?

Keineswegs, meint Runyon. Denn bei der Suche nach einer Erklärung stieß der Forscher auf den israelischen Zoologen Amotz Zahavi, der bereits in den siebziger Jahren die Theorie des Handicap-Prinzips aufgestellt hatte. Er war der Meinung, dass sich manche Merkmale nicht trotz, sondern gerade wegen ihres Nachteils auf die generelle Fitness durchsetzten. Und hatte er damit zunächst die Gemüter seiner Kollegen erregt, findet seine Theorie mittlerweile immer mehr Anklang.

So könnte sich auch im Fall Erebomyia exallopatra erklären, warum sich auf den ersten Blick benachteiligte Fliegen durchsetzen konnten. Denn außer dass die Langbeiner sehr wohl geradeaus fliegen können, signalisieren sie durch diesen Makel den Weibchen auch Stärke: Männchen, die derart körperlich eingeschränkt überleben und sich durchsetzen können, müssen qualitativ hochwertig sein.

Abgesehen davon sehen die Fliegen ausgesprochen schlecht, die schiefe Gestalt fällt ihnen also vielleicht gar nicht ins Auge. Dafür aber ins Ohr: Denn die Weibchen wählen ihren Partner anhand des Schwirrens der Flügel beim Balztanz. Je stärker der rechte Flügel verkümmert ist, desto unterschiedlicher sind die erzeugten Frequenzen – und desto begehrter, weil offensichtlich widerstandsfähiger, ist der Kandidat.

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  • Quellen
Proceedings of the Royal Society: Biology Letters 10.1098/rsbl.2003.0118 (2003)

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