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Erdbeobachtung: Neuer Radarsatellit soll globale Waldbiomasse bestimmen

Die ESA-Mission soll helfen zu klären, wie viel Wald weltweit vorhanden ist – und wie viel täglich verloren geht. Das ist wichtig zu wissen, um Klimamodelle verfeinern zu können.
Luftaufnahme des dichten, grünen Regenwaldes mit üppigem Blätterdach auf Mosqueiro Island, Brasilien. Die Baumkronen variieren in verschiedenen Grüntönen und bilden eine dichte, durchgehende Decke ohne sichtbaren Wege oder Lichtungen.
Durch Rodungen und Brände geht im Amazonas-Regenwald inzwischen jährlich mehr Holz verloren, als durch Wachstum neues hinzukommt.

Wenn Bäume wachsen, ziehen sie große Mengen Kohlendioxid aus der Luft. Doch weltweit machen ihnen Trockenstress, Rodungen, Feuer und Schadinsekten zu schaffen. Um die grüne Lunge der Erde besser zu verstehen, schickt die europäische Weltraumbehörde ESA am Dienstag, den 29. April 2025, den Erdbeobachtungssatelliten Biomass mit einer Vega-C-Trägerrakete ins All. Er soll in den kommenden Jahren Daten und Modelle für die Wissenschaft liefern.

Dem Deutschen Zentrum für Luft- und Raumfahrt (DLR) zufolge gibt es bislang nur Schätzungen, wie viel Waldbiomasse weltweit vorhanden ist. »Ihre Größe ist jedoch entscheidend, um die globale Erwärmung genau zu berechnen. Das dient dazu, die Folgen des Klimawandels vorherzusagen und geeignete Gegenmaßnahmen zu ergreifen«, heißt es dort auf der Homepage. Denn Bäume speichern das Treibhausgas Kohlendioxid (CO2) – weniger Bäume bedeuten mehr CO2 in der Atmosphäre und damit eine stärkere Erderwärmung. Doch der ganze Mechanismus – wo geben Wälder CO2 ab, wo nehmen sie CO2 auf – ist noch nicht richtig gut verstanden. Das soll die Mission nun helfen zu klären, indem die globale Waldbiomasse und ihre Veränderung bestimmt wird.

Die Sonde hat laut dem Biomass-Missionsmanager der ESA, Klaus Scipal, nur ein einziges Instrument an Bord, ein neuartiges Radar. Denn man könne auch jetzt schon Waldrodungen mit Satelliten aus dem All erkennen. »Es ist aber in der Regel unklar, welche Masse der Wald zuvor hatte und wie viel Kohlenstoff dort gespeichert war«, erklärt Scipal. Mit dem neuen Radar soll sich das ändern. Dann seien Aussagen darüber möglich, wie stark die Waldmasse zurückgehe und wie viel CO2 der Wald wieder an die Atmosphäre abgebe.

Ein Wald aus dem All ist einfach grün

Mit einer normalen Kamera sehe man immer nur die Oberfläche. Ein Wald aus dem All sei halt einfach grün. »Man weiß nicht, wie hoch sind die Bäume, wie schauen die Wälder aus, wie schaut die Struktur aus«, erklärt Scipal. Mit speziell den Radarwellen, die in dem Satelliten verwendet würden, dringe man hingegen tiefer in den Wald hinein. »Das heißt, wir können durch Wolken schauen, wir können aber auch in den Wald hineinschauen – bis zum Boden hinunter. Mit dieser Technik können wir dreidimensionale Modelle vom Wald erstellen.«

Die ESA ist bei der Erdbeobachtung nach eigenen Angaben führend. Eine Reihe von Satelliten untersucht inzwischen Fotosynthese, Wolkenbildung, die Entwicklung der Wasserstände und der Eisschichten sowie das Erdmagnetfeld, um später frei verfügbare Daten für die Forschung bereitzustellen. »Wissenschaft hört nie auf. Wenn man anfängt, etwas zu erforschen, dann kommt man auf alle möglichen Fragestellungen und es gibt natürlich noch viele weiße Flecken«, sagt Scipal. Dabei ist auch ein langer Atem nötig: Biomass sei 2005 das erste Mal vorgeschlagen worden, sagt Scipal. »Wir haben jetzt 20 Jahre gebraucht, bis die Mission tatsächlich endlich startet.«

Im Jahr 2023 wurde weltweit eine Waldfläche annähernd von der Größe Lettlands zerstört

Der Satellit soll im Verlauf der Mission sechsmal die Wälder der Erde vermessen. »Es dauert ungefähr neun Monate, bis wir eine globale Karte vom Wald erstellt haben«, sagt Scipal. Nach dem Start soll er in einer Höhe von 666 Kilometern fliegen. Die Kosten für den Satelliten und die gesamte Mission belaufen sich auf knapp 500 Millionen Euro.

Wälder bedecken dem DLR zufolge mit 40,6 Millionen Quadratkilometern knapp ein Drittel der eisfreien Landfläche unseres Planeten und sind wegen der Fotosynthese ein überlebenswichtiges Organ. Nach dem im Oktober vergangenen Jahres vorgestellten Living Planet Report wurde 2023 weltweit eine Waldfläche annähernd von der Größe Lettlands zerstört. Fast 96 Prozent der gesamten Entwaldung habe in tropischen Regionen stattgefunden. (dpa/kmh)

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