Direkt zum Inhalt

Überlebensstrategie: Blattläuse können auch anders

Viele Blattläuse lassen sich - gegen Bezahlung - von Ameisen herumtragen und beschützen. Und manche nutzen das Vertrauensverhältnis dann aus.
Schädlingsabwehr

Blattläuse sind ebenso unbeliebt wie unterschätzt: Die als unersättliche Pflanzensaftsauger natürlichen Feinde des Hobbygärtners haben es im Lauf ihrer Evolution geschafft, mit den Ameisen wichtige und mächtige Verbündete zu gewinnen. In ihrem für beide Seiten nützlichen Arrangement ernähren sich die Ameisen von den süßen Honigtau-Ausscheidungen der Blattläuse. Dafür verteidigen diese ihr Laus-Melkvieh gegen Feinde und transportieren es kostenlos in neue, unerschlossene Blattlebensräume. Nun haben Forscher zudem einen Trick der Blattlaus enttarnt, mit der sie sich zum Schaden ihrer Verbündeten an diesem gütlich tut: Einige der vermeintlich harm- und schutzlosen Pflanzensaftsäuger täuschen die Ameisen und vergehen sich an deren Nachwuchs.

Dies hat ein deutsch-spanisch-britisches Forscherteam entdeckt, das die Lebensgemeinschaft der Blattlauskolonien von Paracletus cimiciformis und ihren Ameisenhirten der Gattung Tetramorium untersucht hat. Dabei zeigte sich, dass die Blattläuse eines Kolonieklons grundsätzlich zwei völlig unterschiedliche Strategien für ihrer Lebenserwerb einschlagen können: Viele Tiere leben als runde Blattlauslarven schlicht von Graswurzelsäften und lassen sich wie bewährt vom Ameisenheer schützen. Einige aber tarnen sich mit einem Kohlenwasserstoff-Duftkleid als Ameise, lassen sich in den Ameisenbau tragen und zapfen dort dann ungestört die Körpersäfte der Ameisenlarven an. Die Paracletus-Blattläuse seien damit die ersten, bei der eine "Strategie des aggressiven Mimikris" gegenüber den Ameisen nachgewiesen wurde, so die Forscher.

Die neue Entdeckung unterstreicht die enorme Vielfalt an Strategien, mit der die kleinen Insekten sich an ihre Umgebung anpassen: Blattläuse leben mit und ohne Ameisenverteidiger oder andere nützliche Fremdarten, pflanzen sich geschlechtlich und ungeschlechtlich fort, wechseln je nach Jahreszeiten zwischen unterschiedlichen Formen, verfügen über verblüffende Sinneswahrnehmungen und leben im Freien wie auch mit raffinierten Anpassungen in Gallen – also Wohnkammern, die, ausgelöst durch den Lausbefall, aus dem Pflanzengewebe heranwachsen.

Schreiben Sie uns!

Wenn Sie inhaltliche Anmerkungen zu diesem Artikel haben, können Sie die Redaktion per E-Mail informieren. Wir lesen Ihre Zuschrift, bitten jedoch um Verständnis, dass wir nicht jede beantworten können.

Partnerinhalte

Bitte erlauben Sie Javascript, um die volle Funktionalität von Spektrum.de zu erhalten.