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News: Blau, Farbe der Könige und Götter

Mangel macht erfinderisch. So bewiesen frühzeitliche Chemiker erstaunliche Leistungen bei der Produktion blauer Farbpigmente.
Farben faszinieren. Bereits in frühen Kulturen waren Farbstoffe hoch geschätzt. Während Erdfarben damals gut erhältlich waren, sind beständige blaue Farbstoffe und Pigmente in der Natur äußerst rar. "Es war vermutlich diese Mangelsituation, die den blauen Pigmenten in der Antike ihre hohe ideelle und materielle Wertschätzung verschaffte," erklärt Heinz Berke von der Universität Zürich. Der Chemiker hat sich ausgiebig mit der Chemie im Altertum beschäftigt, insbesondere mit der Herstellung von Farbpigmenten.

Schon in grauer Vorzeit war die Menschheit von erstaunlichem Erfindergeist beseelt, um sich das begehrte Gut zugänglich zu machen. Bereits vor über 5000 Jahren – so belegen erste Spuren – setzten die Ägypter auf die Eigenproduktion von blauen Pigmenten. "Spuren eines als Ägyptisch Blau bezeichneten Calcium-Kupfer-Silicates finden sich zum Beispiel an einem Olivenölbehälter aus der Zeit um 3600 vor Christus", so Berke. Und auch der Krone der Nofretete sowie unzähligen anderen antiken Kunstobjekten verleiht Ägyptisch Blau ihre Farbe.

Auch im antiken China begegnete man dem Blau-Mangel mit ausgeklügelter Chemie. Die chinesischen Blaupigmente sind chemisch eng verwandt mit Ägyptisch Blau, enthalten jedoch Barium statt Calcium. "Chinesisch Blau" und "Chinesisch Purpur" finden sich etwa in der Bemalung der Terracotta-Armee. "Einige Datierungen gehen zurück bis etwa 500 vor Christus", erklärt der Chemiker.

Dabei sind die Synthesen der Blaupigmente für die damaligen Verhältnisse ausgesprochen anspruchsvolle Verfahren: Allein eine konstante Ofentemperatur von 800 bis 900 Grad Celsius für Ägyptisch Blau beziehungsweise 1000 Grad für Chinesisch Blau über längere Zeit aufrecht zu erhalten – immerhin ohne Thermometer –, war eine Leistung. "Die Zusammensetzung von Ägyptisch Blau blieb in Proben, die einen Zeitraum von etwa 4000 Jahren überstreichen, relativ konstant," berichtet Berke. "Offenbar wurde die Notwendigkeit bestimmter Mengenverhältnisse der Ausgangsstoffe bereits sehr früh erkannt."

Die Herstellung der chinesischen Pigmente war deutlich schwieriger als die der ägyptischen. Das größte Problem: Nur bestimmte, sehr seltene Barium-Mineralien lieferten zufrieden stellende Resultate. Die frühen chinesischen Chemiker kamen aber auf einen genialen Trick: Sie verwendeten das zwar ungeeignete, aber häufig vorkommende Baryt – unter Zusatz von Bleisalzen. Die Bleisalze wirken als Katalysator und setzen Baryt zu einer brauchbaren Bariumverbindung um.

Sollten sich beide so ähnlichen Pigmentsynthesen völlig unabhängig voneinander entwickelt haben? Berke hält einen "Technologietransfer" auch aufgrund der chemischen Verwandtschaft für plausibler: Das ägyptische Know-how könnte sich entlang der Seidenstraße bis nach China verbreitet haben. Darauf aufbauend wäre es den chinesischen Chemikern möglich gewesen, ihre Variante zu entwickeln.

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