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News: Blick aus der Petrischale

Stammzellen, wohin man auch schaut. Oder wodurch. Denn auch die Hornhaut des Auges - die Cornea - besitzt welche, die allerdings keinen kompletten Organismus mehr bilden können, sondern nur noch die spezifischen Zellen dieser durchsichtigen Schutzschicht. Nach Haut- und Knorpelzellen sind sie die Dritten im Bunde, die sich zur Züchtung von Ersatzgewebe eignen. Die Zellen aus der Petrischale können Patienten mit getrübter oder verletzter Hornhaut - etwa nach Verätzung mit Chemikalien - die Sehkraft wieder schärfen.
Die Cornea überzieht die Iris und die Pupille des Auges mit einem durchsichtigen Überzug. Doch geht ihre Transparenz durch Narben oder Verbrennungen verloren – etwa durch Hitze oder Chemikalien –, nimmt die Sehschärfe entsprechend ab. Sind zudem noch die Stammzellen der Hornhaut betroffen, kann sich das Gewebe nicht mehr regenerieren und die Sicht bleibt getrübt. Bisher konnte den Betroffenen nur mit einem Spendertransplantat geholfen werden, die allerdings seltener verfügbar als benötigt sind. Die Anzahl der transplantierten Stammzellen reicht aber nicht aus, um bei einer schweren allergischen Reaktion, wie beim Steven-Johnson-Syndrom, oder einer seltenen Autoimmunerkrankung, dem Pemphigoid – den Schaden zu beheben. Doch unter entsprechender Anleitung und in der passenden Umgebung wachsen nun auch Stammzellen der Cornea – nach Knorpel- und Hautzellen die Dritten im Bunde – in der Petrischale zu einer neuen Schutzschicht heran.

Zwei Arbeitsgruppen haben nun parallel ein Verfahren entwickelt, um aus den Stammzellen eine neue Hornhaut zu gewinnen. Rivkah R. Isserhoff an der School of Medicine and Medical Center der University of California in Davis und der Augenarzt Ivan R. Schwab entnahmen zuerst ein paar Stammzellen aus der Cornea eines gesunden Auges. Wenn der Patient noch eine gesunde Hornhaut besaß, stammten die Zellen von hier. Waren beide Augen beschädigt, dann entnahmen sie die Zellen mittels Biopsie aus einem verwandten Spender und ließen sie anschließend auf einer elastischen Membran aus der Eihülle zur einer Dicke von fünf bis zehn Zellschichten anwachsen. Diese Membranen eignen sich besonders gut zur Gewebezüchtung und zur späteren Transplantation, weil sie keine Immunreaktion im Empfänger auslösen. Nachdem das kranke Gewebe entfernt ist, wird die "künstliche" Hornhaut transplantiert. Bei zehn von 14 behandelten Patienten verbesserte sich die Sehschärfe nach dem Eingriff (Cornea vom Juli 2000).

Die Methode von Ray Jui-Fang Tsai und seinen Kollegen vom Chang Gung Memorial Hospital and University of Taoyuan in Taiwan ist mit der amerikanischen fast identisch. Allerdings verwendeten sie kein Gewebe von Spendern, sondern entnahmen die Stammzellen nur aus dem gesunden Auge der Patienten (New England Journal of Medicine vom 13. Juli 2000). Einen Monat nach der Transplantation war die Augenoberfläche mit Epithelzellen der Cornea bedeckt. Die Hornhaut wurde wieder klarer und die Sehschärfe damit bei sechs Patienten gesteigert.

Die Grundlage für die neue Methode wurde bei der Züchtung von Haut gelegt. "Wir lernten über die Haut und benutzten das Wissen, um biologischen Hautersatz für Verbrennungsopfer zu schaffen", sagte Isseroff. " Jetzt haben wir das Wissen auf das Auge übertragen". Einigen Patienten mit getrübter Hornhaut, die sonst auf ein Spendertransplantat warten müßten, könnte die neue Methode zu neuer Sehkraft verhelfen.

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