Direkt zum Inhalt

News: Blick in den Ofen

Es erscheint paradox: Während die Sonnenoberfläche lediglich einige Tausend Grad Celsius heiß ist, erreicht die darüber liegender Korona gut und gerne Temperaturen, die tausendmal so hoch sind. Erstmals gelang Forschern nun ein Blick auf den einheizenden Prozess.
Sonne und Korona
Auf der Sonnenoberfläche herrscht eine Temperatur von rund 5600 Grad Celsius. Auch wenn dies im Vergleich zu irdischen Temperaturen sehr heiß erscheint, ist es verglichen mit der darüber liegenden Korona, die Gas bei einer Temperatur von mehr als einer Million Grad beherbergt, doch eher kühl. Aber was heizt der äußerste Schicht der Sonnenatmosphäre derart ein? Seit ihrer Entdeckung durch Walter Grotrian am astrophysikalischen Observatorium in Potsdam im Jahre 1939 gibt die hohe Temperatur der Korona Rätsel auf.

Heute besteht immerhin Einigkeit darüber, dass die heiße Korona nur durch eine zusätzliche Heizung bestehen kann – etwa in Form so genannter elektrischer Stromschichten. Diese bilden sich im unteren Bereich der Korona, wo sich das äußerst komplexe Magnetfeld der Sonne sprunghaft ändert. Magnetfeldlinien unterschiedlicher Polarität liegen hier sehr eng zusammen, wobei komplexe plasmaphysikalische Prozesse zur Neuverbindung (Rekonnexion) dieser Magnetfeldlinien führen können. Dies setzt große Energiemengen explosionsartig frei, die geladene Teilchen beschleunigen und aufheizen und schließlich die Korona auf jene hohen Temperaturen bringen. Doch diese Theorie ließ sich bisher nicht durch Beobachtungen bestätigen, da die Genauigkeit der benutzten Messmethoden nicht ausreichte, um das Magnetfeld in der unteren Korona zu messen.

Mit Hilfe eines neu entwickelten Infrarot-Spektropolarimeters am deutschen Vakuum-Turm-Teleskop (VTT), stationiert in 2400 Meter Höhe auf der kanarischen Insel Teneriffa, konnte ein Team von Wissenschaftlern vom Max-Planck-Institut für Aeronomie nun zusammen mit einem spanischen Kollegen zum ersten Mal sowohl die Stärke als auch die Richtung des Magnetfeldes in der unteren Korona kartografieren. So konnten die Forscher um Sami Solanki nun zum ersten Mal zweifelsfrei eine elektrische Stromschicht nachweisen und auch die Bogenstruktur der Korona, die bisher nur durch indirekte Hinweise belegt war, ließ sich jetzt direkt sichtbar machen. Das magnetische Korsett dieser Bögen sorgt dafür, dass das darin gefangene heiße Gas nicht sofort von der Sonne entweicht.

Mit der Stromschicht, die sich in den Infrarotaufnahmen genau dort zeigt, wo das Feld schwach ist, haben die Wissenschaftler also offenbar erstmals einen der vielen Öfen entdeckt, welche die Korona heizen. Robert Rosner, seines Zeichens Astronom an der University of Chicago spricht deshalb schon von einer Revolution in der Sonnenforschung. Vergleiche mit Simulationen seien nun möglich, freut sich der Wissenschaftler, und ergänzt erwartungsvoll: "Ich persönlich kann die Revolution kaum abwarten!"

Schreiben Sie uns!

Wenn Sie inhaltliche Anmerkungen zu diesem Artikel haben, können Sie die Redaktion per E-Mail informieren. Wir lesen Ihre Zuschrift, bitten jedoch um Verständnis, dass wir nicht jede beantworten können.

Partnerinhalte

Bitte erlauben Sie Javascript, um die volle Funktionalität von Spektrum.de zu erhalten.