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Neurowissenschaften: Boten mit Adressaufkleber

Neuron
Der Wachstumsfaktor BDNF (Brain-Derived Neurotrophic Factor), der von Nervenzellen im Gehirn gebildet wird, ist entscheidend für Wachstum und Reifung der Neuronen im Hippocampus, dem "Tor zum Gedächtnis". Um ihn rankt sich jedoch ein Rätsel: Das Gen für den Faktor wird auf zwei unterschiedliche Weisen abgelesen, wobei als Abschrift (Transkript) entweder eine kurze oder eine lange Boten-RNA entsteht. Allerdings sind die Proteine, die nach der in diesen RNAs kodierten Bauvorschrift entstehen, völlig identisch.

Neurowissenschaftler von der Georgetown University in der US-Hauptstadt Washington haben jetzt festgestellt, dass der Längenunterschied für die Funktion des Gedächtnisses eine wichtige Rolle spielt. Die kurze Variante dient als Bauanleitung für die Herstellung von BDNF im Zellinneren. Dagegen fungiert der zusätzliche Abschnitt der langen Version als eine Art Adressaufkleber. Mit ihm heftet sich die betreffende Boten-RNA an Transportmoleküle, welche sie in die Dendriten verfrachten, wo dann das Protein gebildet wird. In diesen baumartigen Zellfortsätzen trägt BDNF entscheidend zur so genannten neuronalen Plastizität bei, der Grundlage aller Lernvorgänge. Das Protein steuert die Bildung von dendritischen Dornen: kleinen Strukturen, die den Kontakt zu anderen Nervenzellen herstellen.

Wie Baoji Xu und seine Kollegen berichten, bewirkt das Fehlen der langen Boten-RNA in Mäusen, dass die dendritischen Dornen nicht korrekt ausreifen. Erwachsene Mäuse, die kein BDNF bilden, haben Schwierigkeiten beim Lernen; beim Menschen verursacht die unvollständige Reifung der dendritischen Dornen geistige Behinderungen.

Lars Fischer

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