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Polargebiete: Brom-Explosion und Eisblumen in Arktis und Antarktis

Verteilung von Brom | Die Verteilung von Brom über dem Nordpol im April 2004. Erhöhte Brom-Konzentrationen (rot) sind über den Regionen, in denen neues Meereis gebildet wird, zu finden. Neueisbildung findet vor allem entlang der Küste statt, wo durch so genannte ablandige Winde das Eis aufreißt und danach der Ozean wieder gefriert.
Regelmäßig kommt es im Frühjahr und Herbst in der Arktis und Antarktis zu so genannten Brom-Explosionen. Dabei werden im Gebiet des Meereises große Mengen an Brom in die Atmosphäre abgegeben, was zum fast vollständigen Abbau des bodennahen Ozons in diesen Regionen führt. Die großflächige Verteilung der Bromexplosionen sowie ihr Zusammenhang mit der Bildung von Eisblumen konnte durch den Atmosphärensensor Sciamachy (Scanning Imaging Absorption Spectrometer for Atmospheric Chartography) auf dem europäischen Umweltsatelliten Envisat nun erstmalig mittels Satellitenbeobachtungen nachgewiesen werden.

Meereisblumen | Meereisblumen auf einer "überfrorenen" Rinne, fotografiert in der Nähe von Spitzbergen. Die Eiskristalle saugen das konzentrierte Salzwasser von der Oberfläche des darunterliegenden jungen Meereises.
Welcher Mechanismus aber zu den Brom-Explosionen führt, war bis jetzt nicht bekannt. Eine Gruppe von Forschern der Universitäten Bremen und Heidelberg sowie des Alfred-Wegener-Instituts in Bremerhaven hatte im September eine Lösung präsentiert. Durch die Kombination der satellitengestützten Brom-Messungen mit Daten der Eisbedeckung und meteorologischen Daten (Wind, Temperatur) konnte nun ein plausibler Zusammenhang zwischen Bromexplosionen und Auftreten von Meereisblumen hergestellt werden.

Diese nur wenige Zentimeter großen Gebilde bestehen aus sehr salzhaltigem und damit stark bromhaltigem Eis. Sie bilden sich innerhalb weniger Stunden, wenn offenes Meerwasser in den polaren Regionen überfriert und die Luft dabei sehr viel kälter als das Meerwasser ist. Sobald Sonnenlicht das salzhaltige Eis bescheint, wird Brom freigesetzt und kann in Form von Bromoxid von Sciamachy nachgewiesen werden. Diese Prozesse finden großflächig im Bereich des Nord- und des Südpols statt. Dieser neu entdeckte Mechanismus und die wichtige Rolle, die die Meereisblumen dabei spielen, kann auch Auswirkungen auf die Interpretation von Eisbohrungen haben. Aus diesen kann das Klima der vergangenen Jahrtausende rekonstruiert werden, Meereisblumen werden dabei bisher aber noch nicht berücksichtigt.

Der Atmosphärensensor Sciamachy misst die für die Luftqualität, den Treibhauseffekt und die Ozonchemie relevanten Konzentrationen von Spurengasen. Der vom Deutschen Zentrum für Luft- und Raumfahrt und der niederländischen Raumfahrtagentur beigesteuerte Atmosphärensensor ist eines von zehn wissenschaftlichen Instrumenten auf dem von der Europäischen Weltraumorganisation gebauten und 2002 gestarteten Erdbeobachtungssatelliten Envisat.

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