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Kohlendioxidspeicherung: Bundeskabinett bringt CCS-Gesetzesnovelle auf den Weg

Kohlendioxid unter die Erde statt in die Luft: Die Bundesregierung setzt auf die CCS-Technologie, um Klimaneutralität zu erreichen. Doch Fachleute warnen vor Risiken und fordern mehr Forschung zur Sicherheit und Wirksamkeit.
Luftaufnahme einer industriellen Anlage mit mehreren großen, runden Silos und rechteckigen Gebäuden. In der Mitte befinden sich vier große Ventilatoren, die Teil eines Kühlsystems zu sein scheinen. Die Anlage ist von Straßen und Vegetation umgeben. Die Struktur und Anordnung der Gebäude und Silos deuten auf eine komplexe industrielle Nutzung hin.
Bevor Kohlendioxid wie bisher durch die Schornsteine entweicht, sollen technische Anlagen das Gas abfangen, reinigen, kühlen und komprimieren, um es dann im Untergrund dauerhaft einlagern zu können.

Das Bundeskabinett hat einen Gesetzesentwurf zur Änderung des Kohlendioxid-Speicherungsgesetzes – auch CO2-Speichergesetz oder CCS-Gesetz genannt – verabschiedet. Das Gesetz soll Carbon Capture and Storage, kurz CCS, im kommerziellen Maßstab ermöglichen. Damit ist die Abscheidung, der Transport und die Speicherung von Kohlendioxid (CO2) im tiefen Untergrund gemeint. Mit dem Beschluss hat Bundeskanzler Friedrich Merz eins seiner Wahlversprechen eingelöst. Für ein Inkrafttreten der Gesetzesänderung muss der Entwurf noch im Bundestag verabschiedet werden. Doch unter Wissenschaftlern ist das Verfahren durchaus umstritten und das Potenzial fraglich.

Statt nach oben in die Atmosphäre zu entweichen, sollen laut den Plänen der Bundesregierung Millionen Tonnen CO2 künftig unter der Nordsee und vielleicht auch an Land tief im Untergrund verschwinden. Dort sollen sie möglichst für immer bleiben. Im Fokus stehen dabei schwer vermeidbare Emissionen, also jener Anteil des CO2-Ausstoßes, für den es bisher keine oder nur sehr teure technische Alternativen gibt. Dazu zählen zum Beispiel Zement- und Kalkerzeugung, bestimmte Industriebetriebe und die Abfallverbrennung.

Franziska Holz, stellvertretende Leiterin der Abteilung Energie, Verkehr und Umwelt am Deutschen Institut für Wirtschaftsforschung, etwa sieht kritisch, dass laut dem Gesetz CCS-Vorhaben weniger streng auf Umweltverträglichkeit geprüft werden sollen. »Es fehlt bisher an ausreichend Wissen und Forschungsergebnissen, wie dauerhaft CO2 tatsächlich im Boden verbleibt und ob es sich in verschiedenen geologischen Speichern unterschiedlich verhält«, sagte sie gegenüber dem Science Media Center (SMC). Positiv bewertet sie, dass der neue Entwurf anerkennt, dass »für CCS nicht nur die dauerhafte geologische CO2-Speicherung, sondern auch der Pipeline-Transport des Kohlendioxids von Bedeutung sind«. Darüber hinaus solle die Bundesregierung mehr Forschung zur Sicherheit der langfristigen geologischen Speicherung sowie zur tatsächlichen Abscheideleistung in industriellen Prozessen unterstützen.

Die deutsche Industrie geht von jährlich 30 bis 50 Millionen Tonnen schwer vermeidbaren Emissionen aus. Vor diesem Hintergrund würde der verfügbare Speicherplatz im Meeresuntergrund laut früheren, häufig zitierten Schätzungen bis ins nächste Jahrhundert reichen. Neuere Schätzungen von April 2025 fallen deutlich vorsichtiger aus. Für die gesamte Speicherkapazität im Buntsandstein kommen die Forscher auf zwischen 900 Millionen und fünf Milliarden Tonnen CO2.

Wilfried Rickels, Direktor des Forschungszentrums Global Commons und Klimapolitik am Institut für Weltwirtschaft, sieht die Novelle als einen wichtigen Schritt an, »um Rechtssicherheit und Planbarkeit für den Aufbau einer CO2-Infrastruktur zu schaffen«. Es sei ein wichtiger Baustein auf dem Weg zur CO2-Neutralität in Deutschland und auch der EU. »Bereits jetzt ist Deutschland im europäischen Vergleich deutlich im Rückstand zu Ländern wie Norwegen, Dänemark und den Niederlanden«, sagte er dem SMC. Das überarbeitet CCS-Gesetz schaffe die Grundlage dafür, dass Unternehmen mit der Erkundung und Erschließung von Speicherstätten und der Planung der Infrastruktur beginnen könnten.

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