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News: Bunt ist alles, was ich seh'

Die Welt ist voller Farbe, und daß wir diese Farben auch sehen können, hängt mit drei verschiedenen Typen sogenannter Zapfen auf unserer Netzhaut zusammen. Damit kann unser Auge rotes, blaues und grünes Licht wahrnehmen. Doch unser Sehvermögen ist nichts, verglichen mit dem der Fangschreckenkrebse. Die halten mit ihren acht verschiedenen Zellarten für sichtbares Licht den Weltrekord in der Farbwahrnehmung. Neue Studien haben jetzt gezeigt, daß die Netzhaut dieser Tiere außerdem Rezeptoren für nicht weniger als vier verschiedenen Wellenlängen im Ultraviolettbereich besitzt. Dadurch können die Fangschreckenkrebse eine deutlich breitetere Farbpalette wahrnehmen als jedes andere Lebewesen.
Die auffällig bunten Fangschreckenkrebse sind Bewohner tropischer Korallenriffe. Vor einiger Zeit hat der Biologe Justin Marshall von der University of Queensland in Brisbane, Australien, die Anatomie der Augen dieser Krebse untersucht. Sie bestehen, wie bei allen Gliederfüßern, aus einer geometrischen Anordnung von winzig kleinen Linsen, in die das Licht bündelen. Marshall fand heraus, daß die Zellen unter bestimmten Linsen eigens auf die Farbwahrnehmung spezialisiert sind. Sie sind anscheinend mit Farbfiltern und acht Farbrezeptorproteinen ausgestattet sind, denn beim Beleuchten einzelner Linsen absorbierte die Netzhaut acht diskrete Wellenlängenbereiche.

Mit dem Mikroskop, das Marshall für seine Messungen verwendet hatte, konnte er lediglich die Wirkung von sichtbarem Licht auf die Netzhaut untersuchen. Daher hat er zusammen mit Johannes Oberwinkler von der University of Groningen, Niederlande, zusätzlich die Ultraviolettsensibilität der Netzhaut gemessen. Bei der Absorption von Licht auf den Zellen der Netzhaut fließt ein winziger Strom. Dessen Stärke ist abhängig von der Wellenlänge des einfallenden Lichtes und wurde von Oberwinkler gemessen, indem er winzige Elektroden in die einzelnen Zellen steckte. Die Meßergebnisse waren erstaunlich, denn neben dem ausgeprägten Sehvermögen der Fangschreckenkrebse im sichtbaren Wellenlängenbereich, sprachen einige Rezeptoren auch auf vier Farben im ultravioletten Bereich an (Nature, vom 28. Oktober 1999).

Es scheint, als hätten die Fangschreckenkrebse das entwickelt, was die Forscher als digitales Farbempfinden bezeichnen. Die zwölf verschiedenen Rezeptorarten, acht im sichtbaren und vier im ultravioletten Bereich, und deren Filter unterteilen den Wellenlängenbereich in schmalere Banden. Durch die diskreten Banden sehen die Krebse sehr kontrastreiche Bilder. Doch dieses Farbempfinden hat auch eine Schattenseite, denn die Filter absorbieren Licht, und das führt wiederum dazu, daß die Welt für die Krebse dunkler erscheint. Oberwinkler vermutet, daß die farbenprächtige Heimat der Fangschreckenkrebse, mit ihren bunten Beutetieren und Sexualpartnern, für die Evolution dieses unglaublichen Farbsehvermögens verantwortlich sind. Aber wie und warum ist immer noch ein Rätsel. "Im Moment haben wir noch keine gute Idee, was das angeht," gesteht er.

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