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News: Bunte Mischung

Das Genom des grünen Schwefelbakteriums Chlorobium tepidum bietet so manche Überraschung. Und es ermöglicht vielleicht auch Rückschlüsse auf die Evolution der Photosynthese.
Chlorobium tepidum hat es gern feucht-warm: In seiner ursprünglichen Heimat Neuseeland lebt es in heißen Quellen und fühlt sich bei 48 Grad Celsius erst so richtig wohl. Allerdings ist es damit allein unter seinen Gattungsverwandten, die weit verbreitet in aquatischen Lebensräumen vorkommen, jedoch kühlere Temperaturen bevorzugen.

Diese so genannten Schwefelbakterien faszinieren Forscher schon seit langem. Denn die Mikroorganismen betreiben wie Pflanzen und andere Bakterien auch Photosynthese – allerdings ohne nebenbei Sauerstoff zu produzieren. Viele Wissenschaftler vermuten daher, dass diese Gruppe als erste die Photosynthese entwickelt hat – wenn auch in einer anderen Vorgehensweise.

Denn anstelle des Calvin-Zyklus durchlaufen sie den Citronensäure-Zyklus, aber rückwärts. Bis auf drei stehen ihnen dabei alle Enzyme zur Verfügung, die den Zyklus sonst in seiner oxidativen Form begleiten.

Nun haben Jonathan Eisen vom Institute for Genomic Research das Genom von C. tepidum vollständig sequenziert: 2 154 946 Basenpaare umfasst das einzige ringförmige Chromosom des Organismus. Das ist etwa die Hälfte des Erbuts von Escherichia coli und ein Tausendstel des menschlichen Genoms.

Doch es barg einige Überraschungen: So entdeckten die Forscher, als sie die Sequenz mit dem Erbgut anderer Organismen verglichen, beispielsweise viele Übereinstimmungen mit den Archaea. 12 Prozent der Proteine C. tepidums stimmen weitgehend mit den Eiweißen von Archaea-Arten überein. Die Wissenschaftler vermuten, dass die gemeinsame Ausstattung durch Genaustausch entstand.

Außerdem ähneln 213 Proteine entsprechenden Pendants in anderen photosynthetisch aktiven Organismen – allein 31 kommen auch in der Ackerschmalwand (Arabidopsis thaliana) vor. Dazu zählt auch die Citratlyase, ein Enzym, das an der Fixierung von Kohlendioxid beteiligt ist – sie tritt hier nicht nur in der Bakterien-typischen Variante auf, sondern auch in einer Form, die sonst in Pflanzen und Pilze vorkommt.

Weiterhin stießen die Forscher auf eine ganze Reihe von DNA-Reparaturenzymen inklusiver einiger Vertreter, die in den meisten anderen Bakterien fehlen, sowie viele Proteine, die vor Schäden durch oxidativen Stress schützen – und das in einem Organismus, der in seinem sauerstofffreien und strahlungsarmen Lebensraum solchen Gefahren nur in geringem Umfang begegnet. Dafür aber fällt die Ausstattung an regulatorischen Elementen recht gering aus, mit denen die Bakterien auf äußere Einflüsse reagieren und ihren Stoffwechsel anpassen können.

Insgesamt zeigt das Genom von C. tepidum eine ungewöhnliche Mischung von Genen, von Ähnlichkeiten zu den ursprünglichen Archaea bis hin zu hoch entwickelten Samenpflanzen. Weitere vergleichende Analysen könnten nun ans Licht bringen, wie sich die Photosynthese und andere Formen des Energiestoffwechsels im Laufe der Evolution entwickelten. Die Genomsequenz war nur der erste Schritt.

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