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Large Hadron Collider: CERN-Physiker identifizieren neues Teilchen

Bisher haben sich Quarks der gleichen Sorte nie zu größeren Teilchen zusammengesellt. Nun haben Forscher ein exotisches Tetraquark ausgemacht, das aus vier gleichartigen Quarks besteht, die noch dazu auffällig schwer sind.
Illustration des neu entdeckten Tetraquarks X(6900)

Den Physikern vom CERN ist ein neuer Fund gelungen: Wie sie in einer noch nicht begutachteten Vorabstudie berichten, haben sie ein Teilchen entdeckt, das aus vier gleichen und vor allem auffällig schweren Charm-Quarks besteht. Bisher haben Forscher eine derartige Kombination – je zwei Quarks und Antiquarks derselben Sorte in einer Verbindung – noch nicht beobachtet.

Normalerweise tauchen Quarks entweder in Zweierkombinationen auf oder sie formen zu dritt ein so genanntes Baryon, etwa ein Proton oder ein Neutron. Welches Teilchen, ein so genanntes Hadron, dabei genau entsteht, hängt von der Art der Quarks und Antiquarks ab. Denn tatsächlich gibt es sechs Sorten, die sich unter anderem in ihrer Masse unterscheiden: Up-, Down-, Top-, Bottom-, Charm- und Strange-Quarks, mit ihren jeweiligen Gegenstücken. Teilchen, die sich aus mehr als drei Quarks zusammensetzen, sind bislang nur in Experimenten beobachtet worden. Doch auch solche Hadronen aus vier, fünf oder sechs Quarks (Penta-, Tetra- und Hexaquarks) schmieden nie Gemeinschaften mit Partikeln derselben Sorte. Das jüngst entdeckte Teilchen widerspricht nun dieser Regel und liefert womöglich einen Beleg für eine neue Klasse.

Der »Bump« gibt den Ausschlag

Die große Forschergruppe um Roel Aaji stieß auf das neue Teilchen, indem sie die Daten vergangener Experimente des LHCb-Detektors am CERN durchforstete, die aus den Jahren 2009 bis 2013 und 2015 bis 2018 stammen. Dabei konzentrierten sie sich auf Ereignisse, bei denen auffällig viele Kollisionen im Beschleuniger detektiert wurden. Sie bilden sich in den Daten buchstäblich als so genannte »Bumps« (Erhebungen) ab, die den Standardwert von fünf Sigma überschreiten sollten. Ist dieser Wert erreicht, können die Ergebnisse als signifikant und nicht zufällig gelten, denn die Wahrscheinlichkeit, dass es sich dabei um einen Zufallsfund handelt, beträgt eins zu 3,5 Millionen. Das war der Fall für das neue, von den Forschern als X(6900) benannte Teilchen. Aus den Daten gehe laut den Physikern hervor, dass es sich um eine sehr ungewöhnliche Verbindung von vier schweren Charm-Quarks handeln würde. Für gewöhnlich, wie erwähnt, enthalten selbst vielteilige Hadronen mindestens zwei verschiedene Typen von Quarks.

Über die Besonderheit des Tetraquarks hinaus sind solche exotischen Teilchen noch aus einem anderen Grund für die Physiker interessant: Aus ihnen versuchen sie, mehr über die so genannte starke Wechselwirkung in Erfahrung zu bringen. Quarks sind fundamentale Bausteine der Materie. Sie stecken in Protonen und Neutronen, die wiederum die Atomkerne bilden. Zusammengehalten werden die Partikel von der auch als starke Kernkraft bezeichneten Wechselwirkung. Sie stellt eine der vier Grundkräfte der Physik dar.

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