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Chang'e 5: China will erstes Mondgestein seit 40 Jahren bergen

Kurz zum Mond und zurück: Ende November soll Chinas Mission Chang'e 5 Gesteinsproben sammeln und zur Erde bringen. Die Trümmer sollen mehr über die Entstehungsgeschichte des Mondes verraten.
Zum ersten Mal seit mehr als 40 Jahren soll eine Raumsonde Mondgestein aufspüren: Chinas Mission Chang'e-5 soll Ende November 2020 starten.

Update, 24. November 2020: Mit einer Rakete vom Typ »Langer Marsch 5« ist das Raumschiff »Chang'e 5« am Montagabend MEZ vom Raumfahrtbahnhof in Wenchang auf der südchinesischen Insel Hainan abgehoben.

Ende November wird eine chinesische Raumsonde zum Mond fliegen, um erstmals seit mehr als 40 Jahren Mondgestein aufzuspüren. Die Mission mit dem Namen Chang'e 5 ist die jüngste in einer Reihe zunehmend komplexer werdender Reisen zur Mondoberfläche, die von der Nationalen Chinesischen Raumfahrtbehörde (CNSA) geleitet wird. Vergangenes Jahr war mit Chang'e 4 erstmalig ein menschengemachtes Objekt auf der abgewandten Seite des Mondes gelandet.

»Es auf die nächste Stufe zu heben und Proben vom Mond zurückzubringen, ist eine bedeutende technologische Fähigkeit«, sagt Carolyn van der Bogert, eine Planetengeologin an der Universität Münster, Deutschland.

Lift-off der Mission ist für den 24. November 2020 vom Wenchang Satellite Launch Center auf der Insel Hainan geplant. Der ursprünglich für 2017 angedachte Start hatte sich wegen eines Triebwerkschadens an Chinas Trägerrakete Langer Marsch 5 verzögert.

»Der Landeplatz ist äußerst klug gewählt«Harald Hiesinger, Geologe

Chang'e 5 soll Staub und Trümmer aus einer bisher unerforschten Region des Mondes einsammeln und zur Erde zurückzubringen. Wenn die Mission erfolgreich ist, werden die Chinesen das erste Mondmaterial seit den Missionen der USA und der Sowjetunion in den 1960er und 1970er Jahren bergen. Von den neuen Proben erhoffen sich Wissenschaftler weitere Erkenntnisse über die Entwicklung des Mondes. Das Material könnte den Forscherinnen und Forschern auch helfen, die Oberflächen von Planeten wie Mars und Merkur genauer zu datieren. »Der Landeplatz ist äußerst klug gewählt«, sagt Harald Hiesinger, ebenfalls Geologe an der Universität Münster.

Das Ziel ist Mons Rümker

Chang'e 5 umfasst einen Lander, eine Aufstiegsstufe, einen Orbiter und eine Rückkehrkapsel. Nachdem das Raumschiff in die Umlaufbahn des Mondes eingetreten ist, trennt sich das Paar aus Lander und Aufstiegsstufe und sinkt in der Nähe von Mons Rümker ab, einem 1300 Meter hohen Vulkankomplex in der nördlichen Region des Oceanus Procellarum. Das sind die weiten, dunklen Lavaflächen, die von der Erde aus sichtbar sind.

Sobald das Gefährt gelandet ist, wird es bis zu zwei Meter in den Boden bohren und einen Roboterarm ausfahren, um etwa zwei Kilogramm Oberflächenmaterial zu schöpfen. Das Material wird in der Aufstiegshilfe für den Start aufbewahrt.

Der Ab- und Aufstieg wird an einem Mondtag erfolgen, was etwa 14 Erdtagen entspricht, um die extremen Nachttemperaturen zu vermeiden, die die Elektronik beschädigen könnten, sagt Clive Neal, ein Geowissenschaftler an der University of Notre Dame in Indiana.

Die Mission sei technisch anspruchsvoll, und viele Dinge könnten schiefgehen, sagt Neal. Der Lander könnte eine Bruchlandung machen oder umkippen, und die Proben könnten unterwegs aus ihrem Kanister entweichen. »Wir hoffen alle, dass es funktioniert«, sagt er.

Sobald die Aufstiegsstufe wieder in der Mondumlaufbahn ist, werden die Proben an den Rückkehrer übergeben. Dieses Rendezvous während des Fluges wird komplex sein und »eine gute Probe für die zukünftige Erforschung des Menschen«, sagt James Carpenter, ein Forschungskoordinator für die Erforschung von Menschen und Robotern bei der Europäischen Weltraumorganisation im niederländischen Noordwijk. China plant, etwa ab dem Jahr 2030 Menschen auf den Mond zu schicken.

Der Zugang zu den Mondproben wird begrenzt sein

Die meisten der Mondproben werden im National Astronomical Observatory of China (NAOC) der Chinesischen Akademie der Wissenschaften in Peking gelagert, sagt Li Chunlai, stellvertretender Chefkonstrukteur der Chang'e-5-Mission. Ein Teil des Materials wird an einem sicheren Ort aufbewahrt, ein anderer Teil für die öffentliche Ausstellung reserviert, sagt Li.

Es ist jedoch nicht klar, ob die Proben das Land verlassen werden. Die CNSA unterstützt die internationale Zusammenarbeit und gibt Forschern außerhalb Chinas Zugang zu den Proben, wenn sie mit chinesischen Wissenschaftlern zusammenarbeiten, sagt Xiao Long, ein Planetengeologe an der China University of Geosciences in Wuhan. Er war an der Auswahl des Landeplatzes beteiligt.

»Die Geschichte des Mondes neu schreiben«Xiao Long, Planetengeologe

Hiesinger hofft, dass der Zugang zu den Proben ähnlich wie der Zugang für Forscher zu den Gesteinen der amerikanischen Apollo-Missionen sein wird – indem er der NASA einen Vorschlag unterbreitet, wie sie die Proben verwenden wollen.

Xiao weist jedoch darauf hin, dass Wissenschaftler chinesischer Institutionen nicht auf die Apollo-Proben zugreifen können, weil die US-Regierung die NASA an einer direkten Zusammenarbeit mit China hindert.

Mit dem Mond das Alter anderer Planeten bestimmen

Die Chang'e-5-Proben könnten helfen, mehr über die vulkanische Aktivität des Mondes zu erfahren. Gesteine von früheren Mondmissionen der USA und der Sowjetunion deuten darauf hin, dass die Aktivität auf dem Mond vor 3,5 Milliarden Jahren ihren Höhepunkt erreichte, dann verpuffte und zum Stillstand kam. Beobachtungen der Mondoberfläche haben jedoch Regionen aufgedeckt, die vulkanische Lava enthalten könnten, die erst vor ein bis zwei Milliarden Jahren entstanden ist.

Sollten die Proben von Chang'e 5 bestätigen, dass der Mond während dieser Zeit noch aktiv war, »werden wir die Geschichte des Mondes neu schreiben«, sagt Xiao. Auch könnte die Untersuchung der Gesteinszusammensetzung klären, was diese thermische Aktivität so lange angetrieben hat. »Der Mond ist klein, deshalb hätte seine Wärmekraftmaschine schon vor langer Zeit auslaufen müssen«, sagt Neal.

Zudem ist der Erdtrabant eine wichtige Referenz für die Datierung anderer Planeten, basierend auf der Methode der Kraterzählung. Generell gilt, dass ältere Regionen mehr und größere Krater haben, während jüngere Regionen weniger und kleinere Krater haben. Diese relativen Altersangaben werden dann anhand von Proben vom Mond absolut datiert. Für den Zeitraum von vor 3,2 Milliarden Jahren bis vor 850 Millionen Jahren existieren jedoch keine Proben. Chang'e 5 könnte diese Lücke füllen. »Der Mond ist der einzige Ort, an dem wir Proben haben, von denen wir genau wissen, woher sie stammen«, sagt van der Bogert.

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